Hesychius von Jerusalem

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Gedächtnis: 28. März

Hesychius von Jerusalem war ein christlicher Priester und Exeget in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts. Sein Geburts- und Sterbedatum (433?) sind nicht sicher, und ebenso wenig ist über sein Leben bekannt. Er ist nicht zu verwechseln mit Bischof Hesychius von Jerusalem, einem Zeitgenossen von Gregor dem Großen, der ebenfalls den Titel tou presbyterou trug.

Zuordnung

Die Schriften des Hesychius von Jerusalem sind teilweise verschollen, teilweise als Werke anderer Autoren herausgegeben worden, und manche liegen noch als Manuskripte in Bibliotheken vergraben. Wer sich die Mühe macht, die Fragmente des Hesychius, die auf uns gekommen sind, zu sammeln und zu ordnen, muss auf die Manuskripte zurückgreifen, denn in der Ausgabe von Migne über die Kirchenväter wurden die Werke verschiedener Autoren unter der Überschrift „Hesychius, Presbyter von Jerusalem“ wahllos zusammengeworfen und müssen zu diesem Behufe fast zur Hälfte aussortiert werden. Der Kommentar zu Levitikus allerdings, nur auf Latein vollständig erhalten, ist authentisch, obwohl er sich eher auf die Vulgata als auf die Septuaginta bezieht. Seine Echtheit wurde durch die Veröffentlichung eines griechischen Fragments bewiesen, welches darüber hinaus auch zeigt, dass der lateinische Text zu wünschen übrig lässt. Die Sammlung asketischer Maximen ist das Werk des Hesychius vom Sinai und nicht das seines Namensvetters von Jerusalem. Eine kritisch-vergleichende Ausgabe der Homilien, echte wie falsche, die unter Hesychius‘ Name ins Griechische übertragen wurden, wurde von Michel Aubineau herausgegeben.

Methode und Bedeutung seiner exegetischen Schriften

Den erhalten gebliebenen Fragmenten nach muss Hesychius ein sehr produktiver Exeget der Bibel und vor allem des Alten Testaments gewesen sein. Die Anmerkung im Griechischen Menologium (Heiligenkalender) zum 28. März, in der eine Darstellung der gesamten Heiligen Schriften erwähnt wird, kann sich nur auf Hesychius von Jerusalem beziehen. Hermeneutisch lehnte er sich an die allegorisch-mystische Methode der Alexandriner an; in jedem Satz der Bibel fand er eine geheime Lehre und las in die Texte des Alten Testaments die Gesamtheit der Ideen des Neuen Testaments hinein. Wie Origenes von Alexandria nutzte er kleinstmögliche Anmerkungen (paratheseis) für seine exegetischen Erklärungen.

Sein Kommentar zu Jesaja 19:1 („Jahwe fährt auf schneller Wolke und kommt nach Ägypten“) lautet: „Christus in den Armen der Jungfrau“. Wasser steht bei ihm immer für „das mystische Wasser“ (der Taufe) und Brot für „das mystische Abendmahl“ (der Eucharistie). Diese hyper-allegorische und glossarische Methode ist die Eigentümlichkeit seiner Exegese und hilft dabei, die echten von den unechten Hesychiana kritisch zu unterscheiden.

Der antisemitische Ton mancher seiner Scholia (Randnotizen) erklärt sich vielleicht aus den lokalen Gegebenheiten; ebenso würde man geographische und topographische Hinweise auf die heiligen Stätten in Palästina von einem in Jerusalem lebenden Exegeten erwarten. Die Bedeutung des Hesychius für die Textkritik liegt darin, dass viele spätere Umschreibungen sich auf seinen Wortlaut beziehen, und mehr noch in seinen häufigen Zitaten von Varianten anderer Spalten der Hexapla oder Tetrapla, vor allem Lesungen des Symmachus, wobei er viele seltene Lesarten gesichert hat.

Er ist auch bedeutend für die biblische Stichometrie. Seine „Capitula“ und Kommentare dokumentieren die frühe christliche Einteilung in die Abschnitte der Zwölf kleinen Propheten und Jesaja, welche der inneren Ideenabfolge der betreffenden Bücher besser entspricht als moderne Einteilung. Im Falle bestimmter einzelner Bücher führte Hesychius eine ursprüngliche stichische Einteilung des Heiligen Textes ein – der „Bürger der Heiligen Stadt“ (Hagiopolites), der in den ältesten Manuskripten der Katenen der Psalmen und den Kantikeln zitiert wird, ist kein anderer als Hesychius von Jerusalem. Giovanni Mercati entdeckte, dass in einigen Manuskripten der Anfangsbuchstabe jedes Abschnitts, der sich auf Hesychius bezieht, farbig markiert ist. Hesychius muss als Autorität wohlbekannt gewesen sein, denn er wird einfach als Hagiopolites zitiert oder anderswo durch die gleichfalls lakonische Bezeichnung „er von Jerusalem“ (tou Hierosolymon). Einzelne Kommentare Nachgewiesenermaßen ist Hesychius der Verfasser fortlaufender Kommentare zu Leviticus, den Psalmen, dem Hohelied Salomos, den Zwölf kleinen Propheten, Jesaja und Lukas. Sein Name erscheint in den Catenae in Verbindung mit einem gelegentlichen Scholion zu Texten anderer Bücher ([Genesis]], 1. und 2. Buch Samuel, Hesekiel, Daniel, Matthäus, Johannes, Apostelgeschichte, die Briefe des [[Apostelfürsten Petrus und Paulus[Apostels Paulus]]), die aber, unabhängig von der Frage ihrer Authentizität, nicht notwendigerweise aus kompletten Kommentaren zu diesen Büchern stammen. Ebenso stammen die Hesychius-Zitate in den asketischen Florilegia aus exegetischen Schriften. Das verwirrendste Problem ist die Verbindung zwischen Hesychius und den drei ihm zugeschriebenen Psalmen-Kommentaren. Die zahlreichen Zitate von Hesychius in den Psalmen-Katenen und den exegetischen Werken über die Psalme, die unter seinem Namen gehandelt werden, vor allem in Manuskripten in Oxford und Venedig, weichen so weit voneinander ab, als sollten Fragen nach bloßen Abweichungen in verschiedenen Abschriften eines Originals von vornherein ausgeschlossen werden; entweder war Hesychius der Autor verschiedener Psalmen-Kommentare, oder diese Kommentare müssen verschiedenen Verfassern namens Hesychius zugeschrieben werden. Tatsächlich unterscheidet ein spanisches Manuskript klar zwischen Hesychius dem Mönch, Autor von Psalmenkommentaren und Kantikeln, und Hesychius dem Priester. Im Jahre 1900 wurden die Psalmenkommentare im Werk des Heiligen Athanasius zu Glossaren des Hesychius erklärt, die unter Pseudonym veröffentlicht worden seien; diese Hypothese hat inzwischen einiges an Plausibilität gewonnen.

Ein kompletter Kommentar des Hesychius über die Lobgesänge des Alten und Neuen Testaments, die bekanntlich in der frühen christlichen Bibel ein eigenes Buch bildeten, ist als Manuskript erhalten; jede Ausgabe davon muss auf Bodl. Miscell., 5, saec. 9 basieren. Ein anderer Kodex, der für eine solche Ausgabe und die Lösung des Hesychius-Problems teilweise geeignet gewesen wäre, das Turin-Manuskript B, VII, 30, saec. 8-9, wurde unglücklicherweise bei einem Brand zerstört. Die Mechitaristen [armenisch-katholische Geistliche] von San Lazzaro haben einen armenischen Kommentar über [das Buch] Hiob in ihrem Besitz, der den Namen Hesychius von Jerusalem trägt und 1983 in französischer Übersetzung von Charles Mercier und Charles Renoux veröffentlicht wurde. Die Scholia des Hesychius zu den Zwölf Kleinen Propheten, die in sechs Manuskripten in Rom, Paris und Moskau erhalten sind, wurden von Mats Eriksson veröffentlicht. Der Kommentar zu Jesaja wurde 1900 in anonymen Anmerkungen zu einem vatikanischen Manuskript aus dem 11. Jahrhundert (Vatic., 347) entdeckt und als Faksimile veröffentlicht; die Echtheit dieser 2860 Scholia wurde später durch ein Manuskript der Bodeleian Library [der Universität Oxford] aus dem 9. Jahrhundert (Miscell., 5) bestätigt.

Scholia zum Magnificat in den Kantenen der Kantikel und Manuskripte in Paris und auf dem Berg Athos lassen keinen Zweifel daran, dass Hesychius einen Kommentar zum Lukas-Evangelium hinterlassen hat, zumindest zum ersten Kapitel. Zum Beweis der Echtheit der "Harmonie der Evangelien" muss zunächst die Abhandlung über die Auferstehung geprüft werden. Diese liegt noch in zwei Formen vor, einer längeren (unter Gregor von Nyssa) und einer kürzeren, die eine Kurzfassung der Ersteren und noch unveröffentlicht ist. In Manuskripten aus dem 10., 11. und 12. Jahrhundert der Langfassung ist dem Namen „Hesychius Presbyter von Jerusalem“ noch der Titel „der Theologe“ beigefügt.