Neues Testament

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Orthodoxes Glaubensbuch - Neues Testament

Das Neue und das Alte Testament sind keine völlig verschiedenen Teile der Bibel, die, wie es scheinen möge, aus einem unverständlichen Grund in einem Band herausgegeben werden.

Das Alte Testament ist die Grundlage des Neuen. In vielen frühchristlichen Kunstwerken kann man vier große Propheten sehen, welche die vier Evangelisten tragen. Dies ist ein richtiges Bild. Die Traditionen der biblischen Erzählung sind sowohl im Alten als auch im Neuen Testament vorhanden. Die Apostel und die Evangelisten berufen sich ständig auf das Alte Testament und empfinden ihre Nähe zu ihm. Sie wiederholen die alttestamentlichen Texte nicht wörtlich, aber sie fügen sehr oft Sätze, Redewendungen und Ausdrücke aus ihnen in ihre Werke ein.

Bekanntermaßen ist z. B. der große Hymnus der Allreinen Jungfrau Maria “Hoch preiset meine Seele den Herrn” eine kunstvolle Zusammenstellung von Zitaten und Ausdrücken aus dem Alten Testament.

Zwischen dem Alten und dem Neuen Testament gibt es keinen Bruch, man kann sie nicht voneinander trennen. Die Heiligen Väter sagten, dass das Neue Testament geheimnisvoll schon im Alten enthalten ist, das Alte sich aber im Neuen erst vollständig erschließt. “Das Neue Testament ist verborgen im Alten, das Alte Testament ist offenbar im Neuen.” Deshalb ist es nur natürlich, wenn man das Alte Testament zur Deutung des Neuen heranzieht. Noch natürlicher ist es, das Alte Testament im Lichte des Neuen zu betrachten. Denn dazu lesen ja die Christen die Bibel, um sie gut zu verstehen und sich ihre Schätze nutzbar zu machen. Beide, das Alte und das Neue Testament, sind eins in ihrem Streben zu Christus. Sie ergänzen und bestätigen einander.

Die Evangelien

Der erste Teil des Neuen Testaments ist das Evangelium. Es ist eins, obwohl es von vier Zeugen, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, aufgeschrieben wurde. Der einzige eigentliche Autor all dessen, wovon im Neuen Testament erzählt wird, ist Jesus Christus, der lebendige Gott und wahre Mensch.

Evangelium bedeutet in der Übersetzung aus dem Griechischen “frohe Botschaft”. Die alten Griechen hatten den Brauch, nach einem Sieg im Kampf einen Herold nach Hause zu schicken. Die freudige Nachricht über den Sieg, die er überbrachte, hieß “Evangelium”. Das christliche Evangelium bringt der Welt die frohe Botschaft über das Kommen des Erlösers in die Welt, über Seinen Sieg über Sünde und Tod. Aber gleichzeitig ist das Evangelium auch eine Erzählung über das irdische Leben Jesu Christi. Er ist zugleich Gott, der Sohn Gottes, und Mensch, denn Er nennt Sich selbst oft den Menschensohn.

Das Evangelium besteht aus vier nicht sehr großen Büchern, die in der Sammlung der Bücher des Neuen Testaments enthalten sind. Sie wurden bald nach der Himmelfahrt Christi von verschiedenen Verfassern geschrieben. Jeder von ihnen kannte das, was die anderen geschrieben hatten. Deshalb sind die Texte der Bücher des Evangeliums in vielem ähnlich. Besonders erstaunlich ist die Ähnlichkeit der ersten drei Evangelien – nach Matthäus, Markus und Lukas. Sie erhielten die Bezeichnung “synoptisch”, vom griechischen Wort “Synopsis”, d. h. “Zusammenschau”. Das vierte Evangelium – nach Johannes – unterscheidet sich von den anderen in Sprache und Erzählstil, atmet aber den gleichen Geist wie die anderen.

Die Kirche hat alle vier Evangelien aneinander gefügt. Sie unterstreicht damit, dass jedes von ihnen seine besondere Bedeutung hat und in je eigener Weise auf den Leser wirkt. Es wäre nicht schwer, auf Grundlage der vier Evangelien ein einziges Evangelium zu schreiben und sie so zu vereinen. Die vier Evangelien unterscheiden sich aber im Ton, in der Ausdrucksweise und in der Bedeutung und Zahl der in ihnen enthaltenen Fakten. Es sind vier lebendige Zeugnisse der Kirche, die sie angenommen und verbreitet hat.

Die Apostelgeschichte, die Apostelbriefe und die Offenbarung Johannes' des Theologen

Diese zum Neuen Testament gehörenden Schriften entfalten, bestätigen und erklären den Text des Evangeliums, sie zeigen aber auch gleichzeitig, wie die Kirche Christi, die vom Herrn selbst gegründet wurde, wuchs und durch die Mühen derer, die Ihm nachfolgten, erstarkte. Wie die ganze Bibel, so sind auch diese Schriften unter der Eingebung des Heiligen Geistes entstanden.

In der Apostelgeschichte wird über die Ereignisse der ersten Jahre des Christentums erzählt, als die Kirche noch klein war. Eine kleine Zahl von Menschen konnte ungeachtet aller Hindernisse die Frohbotschaft nicht nur bewahren, sondern sie auch über die ganze Welt verbreiten.

In der Apostelgeschichte nehmen wir Christus nicht mehr mit unseren Sinnen wahr, wir hören Seine göttlichen Worte nicht mehr aus Seinem Munde. Wenn es aber dieses Buch nicht gäbe, würden wir nichts über das Leben der ersten christlichen Gemeinde von Jerusalem wissen, die den Samen der Wahrheit bewahrte, nichts über ihre Schwierigkeiten und Probleme. Wir könnten den Lebenslauf des Apostelfürsten Paulus, des ersten Missionars, des Apostels der Heiden, nicht nachvollziehen, wir wüssten nichts über seine Reisen und seine Predigt des Wortes Gottes.

Diesem Werk, das in Form einer Erzählung geschrieben ist, folgen die Apostelbriefe. Diese Briefe wurden von den Aposteln verfasst, um die Geheimnisse der göttlichen Offenbarung genauer zu erläutern und zu erklären. Die Briefe wurden von den Aposteln über das ganze Römische Imperium versandt. Sie waren an Ortsgemeinden und sogar an einzelne Personen gerichtet, aber in Anbetracht ihrer großen Bedeutung sammelte die heilige Kirche diese Briefe und bewahrte sie für alle ihre Mitglieder auf. Es gibt keine für die Christen aller Zeiten und Länder wichtige Frage, die in den Briefen der Apostel nicht beantwortet wäre. Jedenfalls gibt es in ihnen alle grundlegenden Angaben für die Antwort auf solche Fragen.

Den Abschluss der Bibel und des Neuen Testaments bildet die Offenbarung oder Apokalypse, die vom Apostel Johannes dem Theologen am Ende des I. Jahrhunderts n. Chr. geschrieben wurde. Die Apokalypse wurde vom greisen Apostel auf der Insel Patmos niedergeschrieben, als er sich dort während der Christenverfolgung durch den römischen Kaiser Domitian in der Verbannung befand. Es ist das geheimnisvollste Buch des Neuen Testaments. In poetischer und bildhafter Form beschreibt Johannes darin das endgültige Schicksal der Menschheit, die Wiederkunft Christi und die Ereignisse, die ihr vorausgehen.

Und so schließt die Bibel, die mit der Erzählung von der Entstehung der Welt beginnt, mit dem Bild ihres Endes. Damit umschließt die Bibel die gesamte Geschichte der Menschheit von der fernsten Vergangenheit bis in die noch bevorstehende Zukunft.


Die Heilige Schrift des Neuen Testaments wurde in griechischer Sprache verfasst, nur das Evangelium nach Matthäus wurde der Überlieferung nach in Hebräisch oder Aramäisch geschrieben. Dieser ursprüngliche Text ist nicht erhalten, deshalb geht auch die russische Übersetzung vom griechischen Text aus. Die Sprache, in der das Neue Testament geschrieben wurde, ist nicht mehr die Sprache, in der die alten Griechen redeten. Das neutestamentliche Griechisch war eine internationale Sprache, in der die Bewohner der griechisch-römischen Welt miteinander kommunizierten.

Der vorliegende Text des Neuen Testaments wurde uns in vielen alten Handschriften überliefert. Einige davon sind ziemlich vollständig, andere sind schlechter erhalten. Alles in allem sind etwa 5000 Handschriften (aus dem II. bis XVI. Jahrhundert) bekannt. Bis vor kurzem datierten die ältesten bekannten Handschriften des Neuen Testaments aus dem IV. Jahrhundert, aber in unserer Zeit wurden Handschriften aus dem III. und sogar II. Jahrhundert gefunden.

Es sind auch alte Übersetzungen in das Lateinische, Syrische, Koptische und andere Sprachen bekannt. Einige von ihnen existieren seit dem II. Jahrhundert n. Chr. Aber selbst wenn all diese Texte uns nicht überliefert worden wären, könnten die Bibelwissenschaftler den Inhalt des Neuen Testaments wiederherstellen. Die Heiligen Väter zitierten es so oft in ihren Werken, dass man, wenn man sie liest, den gesamten Text des Neuen Testaments rekonstruieren könnte.

Das Neue Testament besteht aus 27 Büchern. Sie sind in 260 Kapitel verschiedenen Umfangs und in Verse unterteilt. Das wurde deshalb gemacht, damit man eine gesuchte Stelle im Evangelium leichter finden oder zitieren kann. Die Einteilung in Kapitel geschah schon im XII. Jahrhundert, die in Verse später, im XVI. Jahrhundert. Der ursprüngliche Text wurde ohne Unterteilungen geschrieben.

Es ist üblich, die Heilige Schrift des Neuen Testaments in Bücher des Gesetzes Christi (die vier Evangelien – Gesetz Christi wird hier analog zur Tora des Alten Testaments verstanden – Anmerkung der Übersetzer), in geschichtliche (die Apostelgeschichte), belehrende (die sieben Briefe der Apostel und die 14 Briefe des Apostels Paulus) und prophetische (die Offenbarung des heiligen Apostels Johannes des Theologen) Bücher einzuteilen. Diese Unterteilung ist jedoch nur relativ. In Wahrheit enthalten alle Bücher des Neuen Testaments das Gesetz Christi und sind gleichzeitig belehrend, geschichtlich und prophetisch, denn Prophezeiungen gibt es nicht nur in der Apokalypse.

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