Gemeinsame Gemeindeveranstaltungen und Gottesdienste in der Orthodoxen Kirche
Orthodoxe Gemeinden sind in aller Regel für Begegnungen, gegenseitige Besuche und gemeinsame Veranstaltungen aufgeschlossen. Gastfreundschaft, die in den Herkunftsländern dieser Kirchen noch einen anderen Stellenwert als bei uns hat, wird von ihnen im christlichen Sinn verstanden. Orthodoxe Christinnen und Christen sind dabei gern bereit, uns ihre Traditionen und ihr Brauchtum zu erklären. Gemeinsame Gemeindeveranstaltungen stellen also im allgemeinen vor keine größeren Probleme.
Wenn es jedoch um den Wunsch nach einem gemeinsamen Gottesdienst geht, sollte bei der Frage vor allem die Wortwahl beachtet werden, um Missverständnisse zu vermeiden: Das Wort „Gottesdienst“ wird nämlich von orthodoxen Geistlichen im allgemeinen mit der (eucharistischen) „Liturgie“ gleichgesetzt und synonym dafür verwendet. Die „Göttliche Liturgie“ ist als eucharistischer Gottesdienst Kern orthodoxer Identität. Daher kann die Frage nach einer gemeinsamen gottesdienstlichen Feier leicht als Wunsch nach Interkommunion missverstanden werden, die ja von orthodoxer Seite als höchster Ausdruck von Kirchengemeinschaft angesehen wird. Die Eucharistiegemeinschaft mit nicht-orthodoxen Kirchen wird daher im Hinblick auf das Verhältnis zu nicht-orthodoxen Kirchen abgelehnt.
Bei Besuchen sollte man auch nicht vorschnell die Frage nach Interkommunion stellen. Immer möglich ist dagegen die betende Teilnahme am Gottesdienst der jeweils anderen Kirche. Die Frage nach gemeinsamen Gottesdiensten sollte daher in der Form eines Wunsches nach „gemeinsamen Gebeten oder Andachten“ formuliert werden. Diese können sich an einzelne Elemente aus dem Stundengebet anlehnen oder auf biblische Texte beziehen und werden nicht mit einem Wunsch nach gemeinsamer Abendmahlsfeier verwechselt. Die Gebete sollten der Tradition der beteiligten Kirchen entsprechen und in jedem Fall vor der Ikonostase gesprochen werden. Berücksichtigen sollte man dabei außerdem den Unterschied zwischen orthodoxem und „westlichem“ Kirchenjahr!
Nach © "Orthodoxe Gemeinden im Bereich der EKHN", Frankfurt/Main, September 2002.