Todsünde
Die Bezeichnung stammt aus dem Alten Testament, wo die meisten solcher Sünden mit Tod oder Verbannung bestraft wurden. Im Neuen Testament findet sich der Ausdruck "Sünde zum Tode" (1 Joh 5,16) zwar wieder, doch sind diese mit keiner öffentlichen Strafe mehr belegt. Nichtsdestoweniger verändern einmal begangene Todsünden vollkommen den spirituellen Zustand des Menschen. Diesen Zustand nennen die Väter und Lehrer der Kirche dann auch "Tod der Seele" und "Gottverlassenheit".
Als Todsünden gelten, zuallererst, die bewusst begangene Widersetzung gegen Gott, Verleugnung Gottes oder des Glaubens, die Abkehr von der Orthodoxie hin zu anderen Religionen sowie bewusst ausgesprochene lästernde Worte gegen Gott, die Kirche, die Gottesgebärerin oder Heilige. Eine besonders schwere Sünde ist die Tötung von Menschen. Dies ist heutzutage beileibe keine seltene Sünde, da die Tötung von Kindern im Mutterleib - die Abtreibung, weit verbreitet ist. Es ist bei der Beichte unbedingt notwendig, die Zahl der vollführten Schwangerschaftsabbrüche zu nennen. An dieser Sünde beteiligen sich in der Regel auch Mittäter durch Anraten und die Beihilfe zur Sünde. Häufig sind dies Verwandte, enge Freundinnen oder der Vater des Kindes (wenn die Abtreibung mit ihrem Wissen und Einverständnis durchgeführt worden ist). Die moralische Position des Vaters spielt eine außerordentlich wichtige Rolle und kann häufig alles beeinflussen.
Es gibt aber auch passive Formen von Mord, z.B. in Form von unterlassener Hilfeleistung. Der Tötung eines Menschen kann auch ein grausames Wort oder eine andere Tat gleichkommen, welche eine Verletzung der Seele nach sich zieht.
Einer Todsünde nicht viel nach stehen Anwendung brutaler Gewalt, Schläge gegen andere Menschen, deren Verwundung, Verletzung und Verstümmelung. Eine ganze Reihe von Todsünden beziehen sich auf den sexuellen Bereich des menschlichen Lebens. Hierbei ist zu sagen, dass Gott, zum einen, - die ehrenvolle Ehe und, zum anderen, - das Leben in Keuschheit gesegnet hat. Da der Mensch nun mal kein Tier ist, können intime Beziehungen zwischen Mann und Frau lediglich ihre Vereinigung in einen Menschen vollenden. Als Anfang dieser Verbindung dient Gottes Segnung im Sakrament der Ehe (Trauung). Die Trauung ist unbedingt erforderlich, wenn Mitglieder der Kirche in den Stand der Ehe eingehen, ohne diese ist eine eheliche Beziehung bewusster Christen undenkbar. Eheliche Untreue nennt man in der Kirche Ehebruch, während intime außereheliche Beziehungen Hurerei genannt werden. Wenngleich beides Todsünden sind, so ist Ehebruch doch eine weitaus schwerere Sünde. Er fügt der Seele des anderen Ehepartners ein schweres Trauma zu und tötet in dem Sünder die Liebe ab, welche die Grundlage und das Ziel des durch Gott gesegneten ehelichen Bundes ist.
Die Ehe ist einer der "Grundbausteine" der Gesellschaft. Die Eheschließung legt auf die Ehepartner moralische, juristische und wirtschaftliche Verantwortung vor der Gesellschaft, dem Partner und den künftigen Kindern auf. Historisch hat es sich ergeben, dass in einer Reihe von Staaten, z.B. in Deutschland und der GUS, kirchliche Trauungen vom Staat im juristischen Sinne nicht anerkannt sind. Die Gesetzgebung dieser Staaten sieht vor, dass vor der kirchlichen Trauung unbedingt eine Eheschließung im Standesamt vorangehen muss. Eine derartige standesamtliche Eheschließung ist nicht mehr als die Auferlegung von bürgerlichen Verpflichtungen, sie ist aber längst noch nicht die Segnung des Ehebundes durch Gott, wie sie im Mysterium der Trauung vollzogen wird.
Gesondert sollen die sodomitischen Sünden[1] betrachtet werden: verschiedene Formen des Homosexualismus und sexueller Perversionen. Dies sind schwere Sünden mit erheblichen spirituellen Nachwirkungen, so dass man für sie vorrangig Busse tun soll.
Schwer gesündigt haben auch jene, die in irgendeinem Verhältnis zum Verlust der Ehre und der Reinheit junger Leute (Kinder, Jugendlicher), zu deren physischer und sittlicher Schändung, standen. Hierzu gehören die Ausrichtung diverser Zusammenkünfte mit obszönen Darbietungen und verführerischen Unterhaltungen, von Zechgelagen mit Kuppelei u.Ä. All das wird als Teilnahme (oder Anteilnahme) an der moralischen Tötung seines Nächsten angesehen.
Zu den Todsünden werden auch die Verunglimpfung oder die Verfluchung der Eltern sowie jede Form der Handgreiflichkeit gegen sie gezählt.
Schon aus alttestamentlicher Zeit wird jegliche Beziehung zur Magie zu den Todsünden gerechnet. Hierzu zählen die Hinwendung zu allen möglichen Hexen, Wahrsagerinnen, Astrologen, Esoterikern, die Teilnahme an spiritistischen Sitzungen und an Riten neuer orientalischer Kulte, Theosophie, Anthroposophie und dergleichen.
Der heilige Dimitrij von Rostow zählt Sünden auf, "die zum Himmel schreien nach Vergeltung". Neben absichtlicher Tötung eines Menschen sind dies seiner Meinung nach auch die Schädigung von Armen sowie die Verschmähung von Witwen und Waisen.