Äthiopisch-Orthodoxe Kirche

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Frumentios aus Tyros. Freskenikone in der rumänisch-orthodoxen Kirche in Wien-Simmering, Österreich.

Gedächtnis: 30. November

Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche (ÄOK) ist eine der ältesten und größten orthodoxen Kirchen, zu der heute in Äthiopien allein ca. 22 Millionen Christen und Christinnen gehören. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Gemeinden in Europa und Nordamerika. Das Oberhaupt ist Patriarch von Äthiopien. 46 Bischöfe und etwa 300.000 Priester und Diakone stehen in Äthiopien und weltweit im Dienst der Kirche, die sich auch als „Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo Kirche“ bezeichnet. „Tewahedo“ bedeutet in der Gottesdienstsprache Ge’ez so viel wie „Gemacht in Eins“.

Herkunft und Selbstverständnis

Ihre Gründung führt die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche auf den christlichen Kaufmann Frumentios aus Tyros zurück, der nach seiner Weihe auch „Abba Sälama“ (Vater des Friedens) genannt wurde. Etwa um das Jahr 340 verkündigte er am Hof von Aksum das Evangelium, bald darauf wurde das Christentum Staatsreligion, bis in das Jahr der sozialistischen Revolution, 1974.

Die Anfänge des Christentums in Äthiopien gehen vermutlich noch weiter zurück. Die Kenntnis von dem neuen Glauben wurde wohl nicht nur durch den Kämmerer der äthiopischen Königin Kandake (vgl. Apg. 8,26-39), sondern auch durch Kaufleute und Seefahrer aus Griechenland, Syrien und Ägypten ins Land gebracht. Seit frühester Zeit gab es eine enge Verbindung zwischen der äthiopisch-orthodoxen Kirche und der koptisch-orthodoxen Kirche Ägyptens. Dennoch verlor die ÄOK nie ihre Selbständigkeit, blieb ihren angestammten Traditionen treu und trägt bis heute ihre ursprünglichen afrikanischen Züge.

Das Jahr 1974 brachte für die ÄOK schwerwiegende Veränderungen: Die Revolution führte zum Verlust des Grundbesitzes der Kirche, der bislang den Lebensunterhalt für die Priester und Diakone sicher gestellt hatte. Verlust des Grundbesitzes, Verlust des Anspruchs auf Staatsreligion, dazu die Flucht vieler, vor allem junger, Menschen aus dem Land – diese Entwicklung brachte Veränderungen auch für das Selbstverständnis der Kirche, stellte sie vor schwierige Aufgaben. Problematischer jedoch scheint, dass die Einheit der ÄOK gefährdet ist – eine Entwicklung, die bis in die Gemeinden in Europa und Nordamerika hineinreicht. Näheres dazu im nächsten Teilabschnitt.

Die ÄOK gehört seit 1948 als Gründungsmitglied dem Ökumenischen Rat der Kirchen an. Sie bejaht die Zusammenarbeit in der weltweiten Christenheit und das gemeinsame Zeugnis. Zugleich besteht in Äthiopien selbst jedoch eine ausgesprochen kritische, bei einem Teil der Priesterschaft auch feindliche Haltung gegenüber anderen, vor allem protestantischen Kirchen und Gemeinschaften, mitverursacht durch deren z.T. aggressive „Missionierungen“ und dem verächtlichen Umgang mit der einheimischen Kirche.

Die Krise in der ÄOK – droht der Kirche insgesamt eine Spaltung?

Zur veränderten Situation der Kirche nach der Revolution, die in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung darstellte und Schwierigkeiten brachte, die von außen auf die Kirche zukamen, ergab sich seit etwa 10 Jahren ein massiver innerkirchlicher Konflikt: Die nach dem politischen Machtwechsel im Jahr 1992 vollzogene Wahl des neuen Patriarchen Abune Paulos führte zu heftigen internen Auseinandersetzungen und zu einer Kirchenspaltung im Ausland, die inzwischen auch Rückwirkungen auf die äthiopisch-orthodoxen Gemeinden in Deutschland hat.

Über die Hintergründe informiert der Afrika-Referent der EKD, Volker Faigle, in einer Stellungnahme vom Februar 2001:

„Patriarch Markorios war bis zum Sturz des damaligen Staatspräsidenten Mengistu Hayle Maryam im Jahre 1991 Oberhaupt der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo Kirche. Ihm wurde eine zu enge Kooperation mit der damaligen Regierung vorgeworfen, weshalb er sein Amt unter umstrittenen Umständen verlor und das Land verlassen hat. Daraufhin hat sich im Exil die Heilige Synode konstituiert und die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo Kirche (im Exil) gegründet. Diese Kirche hat Abune Markorios als Patriarch anerkannt, der zur Zeit in den USA lebt. Der nach dem politischen Machtwechsel in Äthiopien von der Heiligen Synode in Addis Abeba neu gewählte Patriarch Abuna Paulos wurde 1992 inthronisiert. Er war während der Mengistu-Herrschaft selbst sieben Jahre in Haft. Das Verhältnis der Kirche zur neuen äthiopischen Regierung hat sich unter Patriarch Paulos wesentlich verbessert. Regimegegner im Exil werfen Patriarch Paulos vor, unkanonisch gewählt worden zu sein und eine zu große Nähe zur gegenwärtigen Regierung zu haben. Die traditionell guten Kontakte zur Griechischen Orthodoxen Kirche wurden durch den Besuch von Abuna Paulos beim Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. im Jahre 1993 und durch dessen Gegenbesuch in Addis Abeba verstärkt. Durch einen Besuch von Abuna Paulos im Vatikan wurde das Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche verbessert. Im Jahre 1993 besuchte Patriarch Paulos den Ökumenischen Rat der Kirchen und den Lutherischen Weltbund in Genf. Auch die Tatsache, dass Patriarch Paulos zusammen mit dem Präsidenten der Äthiopischen Evangelischen Mekane Yesus Kirche 1997 die Allafrikanische Kirchenkonferenz in Addis Abeba eröffnete, deutet darauf hin, dass er ökumenisch ‚anerkannt’ ist.“

Insgesamt wird deutlich: Die EKD sieht ihrerseits keinen Anlass, die Beziehungen zum Patriarchen Paulos und zur ÄOK zu verändern. Sie äußert jedoch, das wird aus entsprechenden Stellungnahmen deutlich, ihre Bereitschaft, nach Möglichkeit zur Beendigung der Spaltung beizutragen, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird.

Die Kirchenleitung in Deutschland

Seit 1981 ist der äthiopische Priester Dr. Merawi Tebege vom Patriarchat in Addis Abeba mit der Seelsorge in der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo Kirche in Deutschland, mit Sitz in Köln, beauftragt. Er war bereits 1979 als Stipendiat des Diakonischen Werkes nach Deutschland gekommen und hatte schon zu dieser Zeit auf eigene Initiative mit der Betreuung äthiopisch-orthodoxer Christen und Christinnen begonnen. Kurz nach seiner offiziellen Beauftragung konnte in Köln im Juni 1983 die erste Äthiopisch-Orthodoxe Gemeinde gegründet werden. Neben dem Ziel dieser Gemeindegründung wurden damals von den Verantwortlichen noch weitere Aufgaben formuliert, die für die Arbeit in Deutschland richtungsweisend sein sollten: 1. die geistliche Betreuung durch Priester und Diakone, 2. die soziale Hilfestellung für die einzelnen Gemeindeglieder, 3. die Gründung weiterer Gemeinden und 4. die Öffentlichkeitsarbeit durch Herausgabe eines Kirchenblattes und Präsenz in den Medien.

Gegenwärtig kann die Zahl der Gemeindeglieder in Deutschland mit ca. 15.000 angegeben werden. Es gibt neben der Gemeinde in Köln auch Gottesdienstorte bzw. Gemeinden in Frankfurt am Main, München, Hamburg, Stuttgart und Nürnberg. Seit 1998 gehört die ÄOK der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland an und arbeitet auch auf regionaler und lokaler Ebene in ökumenischen Zusammenschlüssen und Projekten mit.

Kontaktadresse
Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo Kirche in Deutschland
Erzpriester Dr. Merawi Tebege
Ückerather Str. 2, 50739 Köln
Tel./Fax 0221 - 5992623

Gemeinden

Die äthiopisch-orthodoxe St. Mariam-Gemeinde in Frankfurt am Main

Die Gemeinde besteht seit 1995. Die St. Mariam-Gemeinde hat bisher keine eigenen Räume. Kauf oder Pacht von Gebäuden kommt in absehbarer Zeit nicht in Frage, da die Gemeindeglieder zu einem großen Teil Migranten und Flüchtlinge sind und von der Heimatkirche wenig materielle Unterstützung möglich scheint. Bis zum Herbst 1997 traf sich die Gemeinde in der Ev. Versöhnungsgemeinde in Frankfurt, seitdem in der katholischen Frauenfriedenskirche. Zur St. Mariam-Gemeinde gehörig betrachten sich ca. 4000 Christen und Christinnen aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet.

Das Zentrum Ökumene der EKHN (früher Amt für Mission und Ökumene) unterstützt die Arbeit der Gemeinde und des Priesters im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten. Es hat sich vor allem für Priester Sirak Weldeselassie eingesetzt, um Aufenthaltsrecht für ihn zu erreichen und Sprachunterricht für ihn zu ermöglichen. Auch Hilfe bei der Wohnungssuche war möglich. Die äthiopisch-orthodoxe St. Mariam-Gemeinde ist ökumenisch aufgeschlossen. Sie beteiligt sich seit Jahren an der Gestaltung des Ökumenischen Pfingstfestes in Frankfurt, ist Mitglied des „Internationalen Konvents“ und hat sich aktiv in den Kirchentag 2001 eingebracht.

Leider wirkt sich die Spaltung der Kirche auch für die Gemeinde in Frankfurt aus: Im Frühjahr 1999 wurde unter Leitung von Herrn Getacheu Garedeu, dem stellvertretenden Vorsitzenden der „Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo Kirche im Exil, Diözese Berlin e.V.“, eine Gegengemeinde gegründet, die „Medehane Alem Diasporakirchengemeinde Frankfurt am Main“. Trotz der dringenden Bitte von Priester Tebege in Köln an die EKD und den Beauftragten für Mission und Ökumene in Frankfurt/M, die Aufspaltung nicht durch Unterstützung dieser Gegengemeinde zu fördern, sah man sich nicht in der Lage, derart massiv in die inneren Angelegenheiten der ÄOK einzugreifen. Als notwendig wurde allerdings erachtet, auf die schwierige Lage der Kirche hinzuweisen und über die Hintergründe des Konflikts zu informieren. Hinsichtlich der Bereitstellung von Räumen wird den Ev. Kirchengemeinden (die in dieser Angelegenheit weitgehend Entscheidungsfreiheit haben) empfohlen, Vereinbarungen nur unter präzisen Bedingungen zu treffen (siehe auch S. 69 f):

  • Überlassung der Kirche nur für den gottesdienstlichen Gebrauch
  • Verzicht auf gegenseitige Anschuldigungen (als dringende Empfehlung)
  • Verzicht auf Nutzung der Gemeinderäume für kirchenpolitische Agitation
  • Kein Missbrauch der Räume für politisch begründete Manifestationen und Aktionen.

Bemühungen, in gemeinsamen Gesprächen mit Vertretern beider Seiten den Konflikt einzugrenzen und zumindest in Bezug auf Gottesdienste und Liturgie am gleichen Ort zusammenzutreffen, sind bisher gescheitert. Die Gruppe der „Gegengemeinde“ traf sich bis 2003 in der evangelischen Segensgemeinde seither in der katholischen Kirche St. Bonifatius in Sachsenhausen, die Gemeinde St. Mariam in der katholischen Frauenfriedenskirche. Bedrohliche Auseinandersetzungen wie im Gottesdienst beim Besuch des Patriarchen Paulos im Februar 2000, die sogar zum Polizeieinsatz führte, sind seither ausgeblieben. Es bleibt zu hoffen, dass dieser alten und geschichtlich bedeutenden Kirche eine dauerhafte Spaltung erspart bleibt – durch eine bewusstere Trennung der politischen Auffassungen von der innerkirchlich-theologischen Problematik und eine Lösung der Patriarchatsfrage in nicht allzu ferner Zeit.

Kontaktadressen
Äthiopisch-Orthodoxe St. Mariam-Gemeinde Frankfurt am Main
Priester Abba Sirak Woldeselassie
Rehstraße 23
65933 Frankfurt am Main
Tel: 069 - 93996864

Auskünfte über bzw. Adressen der Medehane Alem Diasporagemeinde über:
Katholische Pfarrgemeinde St. Bonifatius Sachsenhausen
Holbeinstr. 70
60596 Frankfurt am Main
Tel. 069 – 6311026

oder

Herr Getacheu Garedeu
Jordanstr. 47
60486 Frankfurt
Tel. 069 - 7073484

Die äthiopisch-orthodoxe Gemeinde Wiesbaden

Im Mai 2004 gründete sich in Wiesbaden eine äthiopisch-orthodoxe Gemeinde, die in der Ev. Ringkirchengemeinde zu Gast ist.

Kontaktadresse
Pfr. Alena Meseret
Dietrich-Bonhoeffer-Weg 6a
65817 Eppstein-Bremthal
Tel. 06198-586676

Nach © "Orthodoxe Gemeinden im Bereich der EKHN", Frankfurt/Main, September 2002.