Lioba

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Die Hl. Lioba

Gedächtnis: 28. September

Lioba, auf deutsch: Truthgeba, (* um 700/710 in Wessex, England; † um 782) ist eine Heilige Äbtissin.

Vita

Die hl. Lioba stammt von frommen Eltern aus Westengland. Ihr Vater hieß Dimo, ihre Mutter Ebba. Lange Zeit war ihre Ehe kinderlos. Da träumte die Mutter einmal sie trage eine Glocke in ihrem Schoß, die beim Herausnehmen einen Schall von sich gab. Sie erzählte diesen Traum ihrer alten Amme, die ihr daraufhin erklärte, das sie noch eine Tochter gebären werde, die sie dem Herrn weihen solle. Tatsächlich wurde sie einige Zeit später durch die Geburt einer Tochter beglückt, welche sie Truthgeba nannte, mit dem Beinamen Liuba, weil sie besonders “lieb” und “geliebt “ war. Nach der Erziehung durch ihre Eltern wurde sie zur Weiterbildung der Äbtissin Tetta in das kurz vorher von der hl. Kuthburga gegründete Kloster Winburn in Dorsetshire, in welchem an die 500 Nonnen lebten, übergeben.

Im Kloster

Sie wurde mit großer Sorgfalt erzogen, so daß sie nichts anderes als das Kloster und das Verlangen nach himmlischer Weisheit kannte. Neben den gewöhnlichen klösterlichen Tätigkeiten erlernte die hl. Lioba auch Latein und zwar nicht nur Lesen sondern auch selber schreiben. Viele ihrer Briefe schrieb sie auf Latein in Gedichtform. Nachdem die hl. Lioba Nonne geworden war, sah sie einmal Nachts im Traum ein Gesicht, bei welchem ein Purpurfaden aus ihrem Munde hervorging. Da sie denselben herausziehen wollte wurde er immer länger, als wenn er aus ihren Eingeweiden hervorkäme. Als sie ihn endlich aufgewickelt hatte, hatte sie einen großen Knäuel in der Hand. Beunruhigt wachte sie auf und wollte dringend erfahren was es mit diesem Traum auf sich habe und sie bat eine Mitschwester welcher sie den Traum erzählte an ihrer Stelle eine alte Nonne die im Rufe der prophetischen Erleuchtung stand um Aufklärung zu bitten. Die alte Nonne erkannte sogleich, das die hl. Lioba diesen Traum gehabt hatte und gab nun die Deutung dahin: der Purpurfaden bedeute die Lehre der Weisheit, welche aus Liobas Herzen hervorgehen wird. Der aus diesem Faden aufgewickelte Knäuel in ihrer Hand bedeutet, das sie das was sie mit dem Munde lehrt auch in der Tat ausführe. Der durch das Aufwinden entstandene Knäuel sei ein Bild des göttlichen Wortes, welches durch den Mund und die Handlungen der Prediger gleichsam gerollt wird und bald durch das tätige Leben unten sich aufhält, bald durch das beschauliche nach oben sich erhebt. Die Prophetin verkündete noch, das Lioba bei fremden Völkern großen Nutzen stiften werde. In Jahre 748 als Bonifatius mit seinen Gehilfen schon einige Klöster in Deutschland gegründet hatte, berief er die hl. Lioba zur Oberleitung der Frauenklöster in Deutschland, besonders des Klosters zu Bischofsheim, welches zur Diözese Würzburg gehörte, und dem vom hl. Bonifatius eingesetzten hl. Bischof Burchard unterstand. Durch die vorbildliche Arbeit der hl. Lioba wurde das Kloster in Bischofsheim zum Mutterkloster für viele andere Frauenklöster in Deutschland, in welchen geistliche Töchter der Heiligen als Äbtissinnen oder als Lehrerinnen eingesetzt wurden. Die Namen der hervorragendsten Schülerinnen der hl. Lioba sind Agartha, Thekla, Nana und Coliba, deren Gedächtnis gemeinsam am 22. November begangen wird. Die hl. Agatha wird noch extra am 12. Juni erwähnt und war eine Deutsche. Die hl. Thekla war eine Verwandte der hl. Lioba und wurde Vorsteherin des Frauenklosters in Ochsenfurt und starb um das Jahr 790. In Bischofsheim wurde damals die Regel des hl. Benedict befolgt. Während die hl. Lioba gegen andere bezüglich Speise und Trank sehr milde war, genoss sie selber nur sehr wenig. Sie bewies in allem ihrem Tun einen richtigen Takt, sah immer auf ein praktisches Ziel und hütete sich sehr, unüberlegter Weise etwas anzufangen, was sie später nicht hätte durchführen können. Um ihre Kräfte im Lesen und Beten nicht zu überfordern pflegte sie im Wachen, wie überhaupt in allem Maß zu halten und sie verlangte auch von den Mitschwestern nach der Hauptmahlzeit etwas zu schlafen, damit der Sinn für das Lesen nicht abgestumpft werde. Besonders bemühte sie sich um die Gastfreundschaft. Alle bekamen bei ihr Obdach und Essen. Nach dem Vorbild des Herrn wusch sie allen mit eigenen Händen die Füße. Der Feind des Menschengeschlechtes aber konnte so viele Tugenden nicht ohne Neid ansehen, und da er der hl. Lioba selbst und den ihr untergebenen Jungfrauen durch seine Versuchungen nichts anhaben konnte, versuchte er es durch Besucher.

Wirken

Eine arme Bettlerin kam täglich zur Klosterpforte und erhielt von der Äbtissin regelmäßig Kleidung und Nahrung. Sie führte aber einen unzüchtigen Lebenswandel. Als sie einmal schwanger wurde, warf sie das Neugeborene bei Nacht in die Tauber, gerade dort wo diese zwischen den Klostergebäuden hindurchfloß und das Wasser für die Benutzung des innerhalb des Klosters gelegenen Mühle gestaut wurde. Am folgenden Tag sah eine Frau, welche dort Wasser holte, den Leichnam des Kindes, erhob darüber einen großen Lärm und scheute sich nicht gegen das Kloster einen Verdacht auszusprechen. Als die hl. Lioba davon erfuhr, rief sie alle Schwestern des Klosters zusammen und veranstaltete ein Fürbittgebet mit Prozession um das Kloster, wobei alle Klosterfrauen einmütig zu Gott flehten, daß Er den klösterlichen Verein von diesem Verdacht reinigen möge. Als sie dieses schon zweimal getan hatten und zur neunten Stunde alle Nonnen in die Kirche gingen, außerdem das ganze Volk daselbst versammelt war, trat Lioba zum Altar, stellte sich vor das Kreuz, welches man jetzt zum dritten Male vorzutragen sich anschickte, hob die Hände gegenden Himmel und betete unter Tränen und Seufzen und sprach: “Herr Jesus Christus, König der Jungfauen, der Du die Unschuld liebst, unbesiegbarer Gott! zeige Deine Kraft und erlöse uns von dieser Schmach; denn die Schmähungen der Spötter sind über uns gekommen." Kaum hatte sie dieses gesagt, da erhebt sich plötzlich, wie von einem Geist ergriffen und ganz außer sich jene Bettlerin, ruft den Namen der hl. Äbtissin Lioba und gesteht laut das von ihr begangenen Verbrechen. So ergab es sich das der Ruhm des Klosters, welchen der Feind beeinträchtigen wollte nur um so heller strahlte. Dieses Wunder der hl. Lioba wurde als erstes in ganz Deutschland bekannt. Ein anderes Mal wurde eine am Orte ausgebrochene Feuersbrunst, welche die Strohgedeckten Dächer der Häuser schnell ergriff und auch das Kloster zu zerstören drohte dadurch gelöscht, das sie die allein ruhig blieb Wasser aus dem Fluß herbeibringen lies, in dasselbe etwas vom hl. Bonifatius geweihte Salz streute und dann befahl dieses Wasser in die Flammen zu gießen., dann soll alles Volk aus dem Fluß Wasser schöpfen und das Feuer löschen. Als sie das taten legte sich sogleich die Gewalt des Feuers und das Kloster blieb verschont. Wieder ein anderes Mal wütete ein heftiges Ungewitter so heftig und anhaltend lang, daß das Volk in die Klosterkirche kam weil man glaubte der jüngste Tag sei angebrochen. Die hl. Lioba richtete ihre Hoffnung auf Gott und ermahnte sie zum Gebet. Sie selbst warf sich an den Stufen des Altars nieder und betete. Aber der Sturm wurde immer ärger und drohte das Gebäude nieder zu werfen. Auch ihre Base Thekla ruft ihr zu: “O Liebe, Liebe! auf dir beruht die Hoffnung dieses Volkes hier und das Ziel ihrer Wünsche. Steh auf und rufe zu deiner Frau, der Heiligen Gottesgebärerin, auf daß wir durch Ihre Fürbitten von der Gefahr dieses Sturmes errettet werden. “ Auf diese Worte stand sie auf, legte ihr Obergewandt ab, öffnete die Türflügel der Kirche, stellte sich auf die Schwelle des Eingangs und machte da das Zeichen des Kreuzes, indem sie zum Schutze gegen das Wüten des Sturmes den Namen der göttlichen Majestät aussprach. Dann rief sie mit ausgebreiteten Armen dreimal laut die Erbarmung Christi an und bat Ihn um der Fürbitten und Verdienste Seiner Mutter Maria willen, dem Volk seine Hilfe zu gewähren. Darauf ver stummten die Donner , der Sturm legte sich, die Heiterkeit des Himmels kehrte zurück, und alles Volk lobte Gott für diese durch die hl. Lioba erhaltene Gnade. Einmal war eine von den Klosterjungfrauen, Namens Willeswind, welche sich durch ihren Lebenswandel sehr auszeichnete, so krank, daß sie mit Erlaubnis der Äbtissin zu ihren nahen Eltern getragen wurde. Da man nach einiger Zeit ihren Tod erwartete, ließen die Eltern die Äbtissin bitten, daß sie durch ihr Gebet die scheidende Seele bei Gott empfehle. Die hl. Lioba kam nun selbst und fand ihre Verwandten klagend um das Bett stehen, die Kranke, aber mit einem Tuche bedeckt, wie wenn sie schon gestorben wäre. Lioba ließ das Tuch wegnehmen, berührte die Kranke und überzeugte sich, daß sie noch lebe, was sie auch den Umstehenden mitteilte. Dann ließ die aus dem Kloster Milch holen und den Löffel, welchen sie selbst gewöhnlich bei Tisch gebrauchte. Sie segnete die Milch und träufelte mit dem Löffel etwas davon der Kranken in den Mund. Dadurch wurde sie so erquickt, daß sie die Augen aufschlug und wieder zu sprechen begann. Am folgenden Tag konnte sie schon andere Speise genießen und nach 7 Tagen kehrte sie, wieder bei Kräften, ins Kloster zurück. Sie lebte noch mehrere Jahre nach dem Tod der hl. Lioba in einem Kloster in Thüringen, bis zur Zeit König Ludwigs des Frommen, der im Jahre 814 zur Regierung kam. Durch solche Wunderzeichen wurde der Glaube unter den gemanischen Völkerschaften stärker angefacht und der gute Ruf des Klosters verbreitete sich immer mehr, so daß viele edle und mächtige Männer ihre Töchter demselben anvertrauten und viele Matronen die Welt verließen und dort den Schleier nahmen. Dennoch hatte das Kloster in Bischofsheim geringe Mittel für den Lebensunterhalt, wie aus einem Trostbrief des hl. Lullus, wahrscheinlich im Auftrags des hl. Bonifatius an sie geschrieben, hervorgeht, in welchem er unter Hinweisung auf Aussprüche Chrsiti sie ermahnt, diese Armut geduldig zu ertragen.

Inzwischen rüstete der hl. Erzbischof Bonifatius zur Abreise nach Friesland, um dort neuerdings das Evangelium zu verkünden. Er rief daher seinen Schüler Lul, der dann sein Nachfolger als Erzbischof von Mainz wurde, übertrug ihm die Sorge für die gläubigen Völker und gab ihm sonnst noch mehrere Aufträge besonders wegen des von ihm gegründeten Klosters und der Kirche in Fulda., namentlich, das er dort nach seinem Tod begraben werden solle. Auch der hl. Lioba gab er noch mehrere väterliche Ermahnungen, sie solle in ihrer Stellung mutig ausharren und bei den Trübsalen des Lebens stehts an das paulinische Wort sich erinnern, daß diese in keinem Vergleiche stehen zu der Herrlichkeit, die uns einst dort drüben erwartet. Dann empfahl er sie dringend dem Erzbischof Lullus und den älteren Mönchen des Klosters Fulda, welche zugegen waren, indem er sie ermahnte, daß sie mit aller Verehrung für sie sorgen und nach ihrem Tode sie an seiner Seite beisetzen sollten. Hierauf gab er ihr zum Andenken seine Kukulle und reiste dann nach Friesland, wo er bald nach seiner Ankunft am 5. Juni den Martertod erlitt. Die hl. Lioba aber verharrte standhaft im Werke Gottes, indem sie nicht die Erde sondern den Himmel erben wollte. Auch vom Frankenkönig Pipin wurde sie sehr geachtet, so wie von dessen Söhnen Karl und Karlmann, besonders aber von Karl, der die hl. Lioba häufig zu sich einlud, sie mit großer Verehrung empfing und sie reichlich beschenkte. Auch die Gemahlin des damaligen Königs Karl, Hildegard, hatte eine große Verehrung für sie; ja dieselbe liebte sie wie ihre eigene Seele und wünschte, daß sie immer bei ihr bleiben möchte, um an ihren Worten und Beispielen sich zu erbauen. Aber die hl. Lioba scheute das Hofleben und kehrte immer bald wieder in ihr Kloster zurück, oder besuchte als Führerin die anderen Frauenklöster, um die dort wohnenden Jungfrauen zur Vollkommenheit im geistlichen Leben anzuleiten. Nachdem die hl. Lioba auf solche Weise unter vielen Beweisen der Hochachtung aber auch mancher Kämpfe und Sorgen ein hohes Alter erreicht hatte und mehr als 25 Jahre dem Kloster in Bischofsheim vorgestanden war, zog sie sich auf Grund des Rates des hl. Lullus des Erzbischofs von Mainz in den 4 Meilen südlich von Mainz gelegenen Ort Schonersheim zurück, wo sie mit den dortigen Dienerinnen Gottes dem Herrn Tag und Nacht in Gebet und Fasten diente. Da sich während dieser Zeit König Karl in Aachen aufhielt, schickte die Königin zur hl. Lioba und lies sie bitten, nach Aachen zu kommen, weil sie sehr wünschte, sie nochmal zu sehen, ehe sie das Zeitliche verließe. Obwohl diese Reise der hl. Lioba beschwerlich fiel, verstand sie sich dazu. In Aachen angekommen bat sie alsbald um die Erlaubnis, wieder in ihr Kloster zurückkehren zu dürfen. Obwohl die Königin dringend verlangte, daß sie noch einige Tage bei ihr bleiben möchte, so weigerte sich doch die hl. Lioba, stürzte aber mit erregter Stimme in die Arme der Freundin, küßte ihr den Mund, die Stirne und die Augen, blieb lange in dieser Umarmung und verlies die zuletzt mit den Worten: “Lebe wohl auf ewig, geliebte Frau und Schwester! Lebe wohl, du kostbarer Teil meiner Seele! Christus unser Schöpfer und Erlöser verleihe uns, daß wir uns am Tage des Gerichts ohne Beängstigung wieder sehen; in diesem Leben werden wir uns von heute an nicht wieder sehen.” Bald nach der Rückkehr der hl. Lioba in ihr Kloster in Schonersheim erkrankte sie. Sie lies den ehrwürdigen Priester Torabert ein Engländer, der immer ihr geistlicher Vater gewesen war, rufen empfing die Göttlichen Mysterien und gab dann Gott ihre Seele, die sie durch seine Gnade rein und unbefleckt bewahrt hatte, mit Freuden wieder zurück. Sie starb an einem 28. September um das Jahr 778. Ihren Leib brachten die Fuldauer Mönche in Begleitung vornehmer Personen in ihr Kloster nach Fulda, um ihn neben dem hl. Bonifatius zu begraben, wie es dieser ausdrücklich verlangt hatte. Weil sie sich aber scheuten, das Grab des hl. Märtyrers zu öffnen, so begruben sie denselben an der nördlichen Seite des Altars, welchen der hl. Bonifatius selbst zu Ehren des Heilandes und seiner Zwölf Apostel geweiht hatte. 819 wurden die Gebeine der hl. Lioba wegen Umbauarbeiten umgebettet; in die südliche Halle neben den Altar des Geistl. Märt. Ignatius.

Wunder

Am Grab der hl. Lioba geschahen viele Wunder, zwei von ihnen hat ihr Biograph Rudolfus, welcher selbst Augenzeuge diese Wunder war, aufgezeichnet. Ein Mann, dessen Arm von einem eisernen Ring so fest umschlossen war, dass das Fleisch darüber wuchs, wurde nachdem er am Grabe der hl. Lioba gebetet hatte von diesen Ring dadurch befreit, das er von selbst abfiel. Von einem Spanier berichtet derselbe Biograph. Dieser wurde von einem beständigen Schütteln und Zittern an allen Gliedern geplagt und hatte überall vergeblich Hilfe gesucht. Am Grabe der hl. Lioba wurde er von seiner Plage geheilt. Schon früh wurden viele Reliquien der hl. Lioba vergeben, nach Mainz, nach Tauberbischofsheim, an Herzog Wilhelm von Baiern und an viele andere Orte in Deutschland, so das in Fulda nur wenige Reliquien der Heiligen übrigblieben. Nachrichten über das Kloster der hl. Lioba in Bischofsheim fehlen ganz und man vermutet, das es sich bereits kurz nach der Übersiedelung der Heiligen nach Schonersheim aufgelöst hat. Im Jahre 1636 wurde in Bischofsheim ein Franziskanerkoster gegründet, die ehemalige Klosterkirche ist heute Gymnasiumskirche. Reliquien der hl. Lioba sollen sich noch in dieser Kirche befinden.

Textnachweis

Dieser Text stammt aus: "Orthodoxe Heiligenleben", Vorabdruck im Internet, S.35ff. Scan des Kapitels über die Hl. Lioba. Mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber.

Cornelia Hayes: Pilgerfahrten in der Umgebung von Offenbach: Drei Heilige der angelsächsischen Mission Deutschlands

In eine englische Adelsfamilie geboren wurde sie auf den Namen Truthgeba getauft. Aber schon früh nannte man sie „Lioba“, die geliebte. Erziehung und hervorragende Ausbildung genoss sie im Kloster Winburn in Dorsetshire ganz am südlichen Rande Englands, - ein Kloster das kurz vorher von der königlichen Heiligen Kuthburga gegründet worden war. Später lebte Lioba als Nonne in Klöstern in Kent und Wessex. Hier arbeiteten die Äbtissinnen eng mit Liobas Verwandten, dem Heiligen Bonifatius zusammen. 732/5/8 folgte sie dem Ruf ihres Onkels Bonifatius nach Germanien, um im mainfränkischen Gebiet Nonnenklöster zu gründen. Sie wurde sogleich als Äbtissin in Bischofsheim eingesetzt und gründete auch die Klöster Kitzingen und Ochsenfurt, sowie viele andere. Leider sind alle diese Klöster inzwischen verschwunden.

Ihre Heiligkeit

Anders als beim Heiligen Bonifatius ist Liobas Heiligkeit niemals von kirchlichen Schriftstellern angezweifelt worden. Die vielen von ihr – anders als im Falle Bonifatius - schon bei Lebzeiten gewirkten Wunder sprachen eine überzeugende Sprache. Die besondere Art ihrer Heiligkeit erschließt sich vielleicht am besten durch eine Vision, die sie als Novizin erlebte. Als junge Nonne sah Lioba einmal nachts im Traum einen Purpurfaden aus ihrem Mund hervorgehen. Sie wollte ihn herausziehen, aber er wurde immer länger, als wenn er aus ihren Eingeweiden hervorkäme. Sie wickelte ihn zu einem runden Knäuel. Aufgewacht, bat sie eine Mitschwester, über diesen Traum eine alte Nonne zu befragen, die prophetische Erleuchtung erlangt hatte. Die alte Nonne erkannte sogleich, dass Lioba die Träumerin war und deutete den Purpurfaden, „der durch ihren Mund aus ihrem Innern hervorkam“ als „die Lehre der Weisheit, die im Dienst des Wortes aus ihrem Herzen entspringt“. Der aufgewickelte Knäuel in ihrer Hand bedeute in seiner Rundheit und leichten Beweglichkeit, „das Geheimnis des göttlichen Wortes, das durch der Predigenden Rat und Tat geformt, bald im tätigen Leben sich auf der Erde bewegt, bald durch fromme Beschauung zur Höhe strebt, bald indem es für den Nächsten duldet, sich erniedrigt, bald durch die Liebe zu Gott sich erhöht“. Und die Nonne deutete weiter, Lioba werde durch ihre Lehren in Wort und Beispiel bei fremden Völkern großen Nutzen stiften.Diese Vision zeigt uns Lioba als einen Menschen, der im Dienst Christi, des Wortes, und auch als Lehrerin durch das Wort ihrer Lehre, die Weisheit des Herzens vermittelt hat. In den Worten der Kirchenväter ist das die Weisheit des Heiligen Geistes, der in ihrem tiefen Herzen wohnte. Die Vision betont zum einen die Einheit von Theorie und Praxis, vom Weg Marthas und Marias, oder Leas und Rahels. Zum anderen macht sie ein besonders umfassendes Verständnis von „Lehre“ oder, wie wir sagen würden, geistlicher Vaterschaft, deutlich: ein Lehrer des göttlichen Wortes macht die Weisheit Christi, des Wortes Gottes, durch sein eigenes Leben auf der Erde lebendig.

Die Bedeutung der heiligen Lioba für orthodoxe Christen

Wenn wir nun wieder nach dem Vorbild Liobas auch bei ihr nach Wesenszügen und Tugenden suchen, die uns selbst auf unserem Weg weiterhelfen können, so stechen drei ins Auge: Ihre mit Maßhalten verbundene Milde, ihre Geduld in Schwierigkeiten, und die christliche Qualität ihrer Liebenswürdigkeit

Milde und Maß

Lioba entwickelte für ihre Klöster eine eigene Version der Benediktinerinnenregel. Sie selbst lebte sehr genügsam und ließ sich auch während ihres nächtlichen Schlafes von den jüngeren Schwestern die Bibel vorlesen. Dabei war ihr das Geschenk eines leichten Schlafs und eines wachen Herzens verliehen worden, denn jeden Lesefehler korrigierte sie sofort. Als Äbtissin jedoch waren ihre Entscheidungen von Takt und Sinn für praktische Durchführbarkeit geprägt. Bei den Mitschwestern sorgte sie für großzügigere Essensregeln. Auch erlegte sie ihnen auf, nach der Hauptmahlzeit etwas schlafen, damit ihre Aufnahmefähigkeit für die geistliche Lektüre nicht abgestumpft werde. Für sich selbst, aber in höherem Maße für andere, hatte sie ein behutsames Auge auf die Grenzen der menschlichen Kraft. Auf diese Weise zog sie viele geistliche Töchter heran, von denen einige als Äbtissinnen oder geistliche Mütter selbst heilig wurden. Es wurde überhaupt das Besondere an den von ihr gegründeten Klöstern, dass sie – hierin ihrem Vater Bonifatius folgend - all ihre Schülerinnen zu künftigen Lehrerinnen heranzog. Mit ihrem Sinn für die Realitäten, und das heißt, ihrer verständnisvollen Großzügigkeit für andere und ihrem guten Urteil auch bei der Einrichtung ihrer eigenen Askese, scheint die Nonne Lioba mir auch für weltliche Christen, und dies besonders während der Fastenzeit, ein hilfreiches Vorbild. Wir sollen ja einerseits immer mit zweierlei Maß messen, d.h. von anderen wenig, von uns selbst aber viel verlangen. Dabei aber erfordert es die richtige Demut, auch uns selbst gegenüber mit unserer Schwäche zu rechnen und nicht durch Selbstüberforderung in Versuchung zu geraten.

Geduld in Schwierigkeiten

Zahlreiche Wunder der Heiligen machten ihr Kloster schon zu ihren Lebzeiten in Deutschland berühmt. Viele edle und mächtige Männer vertrauten ihr ihre Töchter an, und viele Witwen oder andere Frauen verließen die Welt und wurden Nonnen. Trotzdem standen dem Kloster Bischofsheim – trotz der vielen Geschenke, aber vielleicht wegen der dort geübten großzügigen Gastlichkeit - nur geringe Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Im Klartext: das Kloster war mangelhaft ausgestattet. Wie aus einem Trostbrief des hl. Lullus, wahrscheinlich im Auftrag des hl. Bonifatius an sie geschrieben, hervorgeht, wurde sie nur ermahnt, nach Christi Weisung diese Armut geduldig zu ertragen. Lioba hat trotz solcher Sorgen und Schwierigkeiten ihren Mut, ihre Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit nie verloren.

Ihre Liebenswürdigkeit

Bereits im englischen Heimatkloster, aber auch später in Franken, liebten die Mitschwestern Lioba. Neben ihrem gewinnenden Naturell hatte daran auch die Demut großen Anteil, mit der sie sich trotz ihrer anerkannten Heiligkeit und später als Äbtissin den anderen gleichstellte. Ebenso liebten sie die vielen Notleidenden und Armen, denen sie ihre Mildtätigkeit und Gastfreundschaft zukommen ließ. Dabei hat sie nicht nur selbst für diese Pilger und Hungernden gekocht, sondern auch nach Jesu Vorbild jedem mit eigenen Händen die Füße gewaschen. Dieselbe Liebe weckte sie aber auch bei Fürsten (einschließlich der Frankenherrscher) und Bischöfen. Sie alle luden sie ein, beschenkten sie und suchten ihren Rat. Eine besonders enge geistliche Mutterschaft verband Lioba mit der zweiten Gemahlin des damaligen Frankenkönigs, und späteren Kaisers Karl. Diese Frau muss wohl schon mit 13 Jahren verheiratet worden sein, denn bis zu ihrem Tod mit 25 Jahren hat sie 9 Kinder geboren. Sie gilt als bedeutende Förderin von Klöstern, und es nimmt nicht wunder, dass dieses halbe Kind (später selbst als Selige verehrt) sich in großer Verehrung Lioba anschloss und sie am liebsten immer um sich gehabt hätte. Lioba andererseits hasste das Leben am Hof. Als nun Liobas Kräfte im hohen Alter nachließen, erhielt sie die Erlaubnis, sich aus Bischofsheim in ein kleines Kloster in Schornsheim bei Mainz zurückzuziehen, wo Karl der Große ihr einen Alterssitz geschenkt hatte. Anlässlich dieses Umzugs und „Ruhestands“ flehte die Königin sie sogleich an, von dort aus (wo sie ja viel näher sei) zu ihr zu kommen, um sie noch einmal zu sehen. Auch Hildegard hatte damals nur noch ein Jahr zu leben, und wer weiß, in welchen Kindsnöten sie sich gerade wieder befand. Obwohl diese Reise Lioba sehr beschwerlich fiel (sie selbst starb nur kurze Zeit nach der Rückkehr), nahm sie die Anstrengung auf sich. Gleich bei der Ankunft in Aachen wurde ihr jedoch klar, dass Hildegard gar kein besonderes geistliches Anliegen hatte sondern nur den Trost ihrer Gegenwart suchte. Da wies sie diese streng, wenn auch mit großer Liebe zurecht und reiste sofort wieder ab. Man sieht hier, wie Liobas sich selbstverleugnende Opferbereitschaft doch zugleich immer dem Rahmen ihres Mönchtums verpflichtet blieb. Ihre Liebenswürdigkeit war frei von Sentimentalität. Ich vermute, dass dieser harte, asketische Kern in ihrem Gehorsam gegen Christus es war, der es Bonifatius überhaupt ermöglichte, diese unter Mönchen nicht gewöhnliche Herzens-Freundschaft zu einer Nonne zu pflegen. Mir scheint, dass für uns orthodoxe Laien, und besonders die Frauen und Mütter unter ihnen, obwohl wir, anders als Lioba in der Welt leben, diese Qualität ihrer Liebe bedeutsam ist. Der harte Kern des Christusgehorsams in Liobas Liebenswürdigkeit erinnert uns daran, dass wir bei all unserem Lieben und Geliebt Werden nicht unsere Gefühle, sondern Christus an die erste Stelle setzen, - was, zumindest für mein Empfinden, eine sehr schwierige Lehre ist.

Reliquien

Die wichtigsten Reliquien der Heiligen liegen auf dem Petersberg bei Fulda. Um in der wunderbar ausgemalten Krypta Zugang zu ihrem Haupt-Reliquiar zu erhalten, muss man sich vorher mit den Liobaschwestern in Verbindung setzen. Was ich in meiner Tabelle nicht erwähnte: über dem Steinsarkophag (der leer sein soll) befindet sich eine verglaste Nische mit Resten ihres Holzsargs. Daneben ein Behälter, der ebenfalls eine Reliquie der Heiligen, wie auch von Bonifatius und Sturmius, enthält. Zwei weitere Reliquienbehälter finden sich in Fulda im Dommuseum (wo auch Hildegard vertreten ist). Normalerweise wird Lioba nicht nur „von Bischofsheim“ genannt, sondern von Tauberbischofsheim. Dort gibt es in zwei Kirchen Reliquien der Heiligen St. Martin und St. Lioba. Weitere Reliquien finden sich in einigen entfernteren Kirchen, zum Beispiel in der St. Liobakirche in Nürnberg. Die Sache mit Tauberbischofsheim allerdings beruht offenbar (und hier folge ich einer Abhandlung über die Geschichte der Stadt Bischofsheim von Friedrich Stein, im Internet googlebar) auf einem Missverständnis eines Kopisten der Vita der Heiligen. Es wird vermutet, dass ihr Hauptkloster in Bischofsheim in der Rhön lag, und zwar unter dem jetzigen Rentamt gestanden haben müsste. Hierzu passt, neben vielen anderen Umständen, dass in Tauberbischofsheim trotz aller Grabungen nie Spuren ihres Klosters gefunden wurden, und dass die dortige Liobaverehrung erst im 17. Jh. losging, als die Vita mit dem Zusatz „Tauber“ gedruckt vorlag. Erst dann haben die Franziskaner am Ort sich Lioba-Reliquien verschafft und die Verehrung gefördert. Leider hat Bischofsheim keine Reliquien der Heiligen, dafür allerdings eine russisch orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats, mit vielen herrlichen Ikonen, die einen Besuch lohnt. Vater Fjodor freut sich sehr.

Erstveröffentlichung und Urheberrecht

  • Cornelia Delkeskamp-Hayes: Bogoslov.ru (7. September 2009). Dieser Absatz ist wörtlich übernommen.

Weblinks