Karfreitag

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Synaxarion

Du bist der lebendige Gott und wurdest doch am Kreuze getötet.

Groß ist das Geheimnis des unbekleideten Toten, der doch das Wort des lebendigen Gottes ist.

Die verschlossenen Pforten des Paradieses öffnete der Räuber, denn er nutzte verständig den Schlüssel: Erbarme dich meiner.

Am Heiligen und Großen Freitag gedenken wir der heiligen, erlösenden und furchterregenden Leiden unseres Herren und Gottes und Heilandes Jesu Christi, welche er um unseretwillen freiwillig auf sich genommen: der Anspeiungen, der Geißelung, der Schläge in sein Antlitz, der Kränkungen, des Hohnes, der Zurschaustellung in purpurnem Gewände, der Schläge mit Stangen, des Schwammes, getränkt mit Galle und Essig, der Nägel, der Lanze, des Kreuzes und des Todes. All dieses erlitt der Herr am Großen Freitag.

Da sein Freund und Jünger ihn um der dreißig Silberlinge willen verraten hatte, nahmen sie ihn gefangen und führten ihn zum Hohenpriester Hannas, der ihn dem Kaiphas überantwortete. Vor diesem ertrug der Herr die Anspeiungen, sein Antlitz wurde geschlagen, und manche lachten über ihn und sprachen voller Hohn: Weissage uns, wer es ist, der dich schlägt. Hier erhoben sich manch falsche Zeugen, die da sagten: Er hat gesagt, er werde den Tempel zerstören und ihn in drei Tagen wiederaufrichten. Da Christus sich selbst Sohn Gottes nannte, wollte der Hohepriester die vermeintliche Gotteslästerung nicht ertragen und zerriss seine Kleider. Am Morgen führten sie Jesu in den Richthof des Pilatus. Sie selbst aber wollten den Hof nicht betreten, auf dass sie nicht unrein würden, denn sie wünschten, das Osterlamm zu essen. Passah ist der höchste aller Feiertage. Christus hatte schon am Tage zuvor das gesetzmäßige Passah vollzogen, denn an diesem Großen Freitag wollte er sich selbst zum Opfer darbringen. Pilatus trat heraus und befragte ihn, wessen man ihn beschuldige. Da er jedoch nichts finden konnte, dessen man ihn verklagte, sandte er Jesus wieder zu Pilatus zurück. Dieser aber ließ ihn abermals vor Pilatus führen, denn er war entschlossen, den Herren töten zu lassen. Pilatus sprach zu ihnen: Nehmt ihr ihn hin und kreuziget ihn. Doch die Juden antworteten: Wir haben ein Gesetz, das uns verbietet, einen Menschen zu töten. Doch ihn, den Landpfleger, überredeten sie, den Herren kreuzigen zu lassen. Pilatus befragte erneut Christus: Bist du der Juden König? Der Herr antwortete nicht direkt, sondern offenbarte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Von da an trachtete Pilatus, ihn freizulassen und sprach zu den Juden: Ich finde nichts Arges an ihm. Der Landpfleger wollte den Juden nach seiner Gewohnheit einen Gefangenen zum Fest freigeben. Diese aber erbaten nicht den Herren, sondern Barabbas. Da gab Pilatus ihnen Barabbas frei, Jesus aber ließ er geißeln. Die Kriegsknechte flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie ihm auf das Haupt. Ein Purpurgewand legten sie ihm an, gaben ihm einen Stab in die rechte Hand, traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt, du König der Juden. Da sie ihn nun verspottet hatten, sprach Pilatus erneut: Ich finde keine todeswürdige Schuld an ihm. Darauf entgegneten die Juden: Wir werden ihn töten, denn er hat sich selbst Gottes Sohn genannt. Auf diese Reden schwieg der Herr, das Volk aber schrie noch ärger: Kreuzige, kreuzige ihn! Zum schmählichsten Tode wollten sie ihn verdammen, auf dass sein Andenken von der Erde getilgt werde. Die Juden zu beschämen, sprach Pilatus: Soll ich euren König kreuzigen? Die Hohenpriester aber antworteten: Wir haben keinen König denn den Kaiser. Da sich ihre Lästerungen als hilflos erwiesen, gedachten sie nun des Kaisers, um so ihre Raserei zum Erfolg zu führen. Deshalb fügten sie noch hinzu: Ein jeder, der sich zum König macht, ist wider den Kaiser. Während solches geschah, schickte die Frau des Landpflegers zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten, ich habe heute viel erlitten im Traume seinetwegen. Pilatus aber wusch sich seine Hände zum Zeichen seiner Unschuld am Blute dieses Gerechten. Die Juden aber schrien noch gewaltiger: Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder. Wenn du diesen freilässt, so bist du nicht ein Freund des Kaisers. Pilatus ergriff große Furcht und, obwohl er von der Unschuld des Herren überzeugt war, überantwortete er ihn zum Tode am Kreuz, den Barabbas aber gab er frei. Diese Ereignisse sah Judas. Er ergriff die dreißig Silberlinge, warf sie in den Tempel, ging hin und erhängte sich selbst an einem Baum. Schrecklich schwoll sein Leib, den endlich die wilden Tiere zerrissen. Die Krieger ergriffen Jesus und schlugen mit Stangen auf sein Haupt, luden ihm das Kreuz auf die Schultern und zwangen Simon aus Kyrene, ihm beim Tragen zu helfen.

Zur dritten Stunde waren alle auf dem Richtplatz versammelt. Dortselbst kreuzigten sie den Erlöser. Zwei’ Räuber hängten sie an Kreuze zu beiden Seiten Christi, auf dass man ihn den Missetätern zurechne. Aus Niedertracht teilten die Kriegsknechte die Kleider des Herren unter sich, doch über den ungenähten Rock warfen sie das Los. Viele Kränkungen ersannen sie wider den Gekreuzigten. Dieses genügte ihnen nicht. Sie spotteten sein und sprachen: Ha, der du den Tempel zerbrichst und baust ihn wieder in drei Tagen, hilf dir nun selber und steig herab vom Kreuze. Er hat anderen geholfen und kann sich selber nicht helfen. Der Christus, der König der Juden, der steige nun vom Kreuz, dass wir sehen und glauben.

Welche Wahrheit sprachen diese! Nicht allein dem König der Juden sollten sie sich nahen, sondern vielmehr dem Herrscher des Alls.

Auf dass auch allen die Qualen erkennbar würden, verdunkelte die Sonne in der Mitte des Tages ihre Strahlen für drei Stunden. Die Erde erbebte, und die Felsen zerbarsten. Dieses geschah, der Juden Ungehorsam zu tadeln. Viele Leiber der Toten erhoben sich, die allgemeine Auferstehung zu bekräftigen. Herrlich zeigte sich die Kraft des Leidenden. Da der Tempel sich wider den Herrn erhob, zerriss sein Vorhang in zwei Teile. Loben sollte der Tempel den, der vielen das nicht Schaubare offenbarte. In der dritten Stunde ward Christus gekreuzigt, wie es uns der göttliche Markus überlieferte. Von der sechsten bis zur neunten Stunde herrschte eine Finsternis. Longin, der Hauptmann, sah das wunderbare Geschehen und rief lauter denn die Sonne: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen. Der Übeltäter einer lästerte den Herrn, der andere wies ihn zurecht, strafte ihn und bekannte seinen Glauben an den Erlöser, der ihm verhieß: Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein. Da alles Vorhergesagte erfüllt war, ließ Pilatus eine Überschrift an das Kreuz heften, darauf geschrieben stand: Jesus von Nazareth, der Juden König. Die Hohenpriester aber sprachen: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt habe: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete ihnen: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben. Danach rief Jesus: Mich dürstet! Alsbald mischten sie ihm Essig mit Galle. Als Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! und neigte sein Haupt und verschied. Von ferne standen die anderen, doch am Kreuze waren Maria, seine Mutter, und Maria Kleophas, ihre Schwester, des Jakobus Mutter, und Johannes, der Lieblingsjünger. Weil es ein Rüsttag war, und es war ein großer Sabbat, vermochten die Juden nicht, die drei Gekreuzigten am Kreuze zu ertragen. Deshalb baten sie Pilatus, dass jenen die Beine gebrochen würden, auf dass sie schneller stürben. Da kamen die Kriegsknechte und brachen dem ersten die Beine und dem anderen, der mit ihm gekreuzigt war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass dieser schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht. Einer der Kriegsknechte wollte den Widersinnigen gefallen und erhob seine Lanze und öffnete die Seite Christi. Alsbald ging Blut und Wasser heraus. Das eine, weil er Mensch war, das andere, weil er einem Menschen glich. Wir dürfen auch sagen: Das Blut erschien um der Heiligung durch das Abendmahl willen, das Wasser aber um des Geheimnisses der Taufe willen. Diese zweifache Quelle bewahrt für uns wahrhaftig ein Geheimnis. Johannes hat dieses gesehen und bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr, denn er stand bei allen, und was er gesehen hat, das hat er aufgeschrieben. Auch wird gesagt, er habe in einem Gefäße etwas vom göttlichen und all heiligen Blute aus der lebensspendenden Seite des Erlösers aufgefangen. Dieses übernatürliche Wunder hatte sich ereignet, als es schon Abend wurde.

Joseph von Arimathia, der auch ein Jünger Jesu war, wie die anderen, doch heimlich aus Furcht vor den Juden, wagte es und ging hinein zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu, denn er wusste, was geschehen war. Der Landpfleger erlaubte es ihm. So nahm er den Leichnam Jesu vom Kreuze und legte ihn mit großer Ehrfurcht nieder. Als die Nacht hereingebrochen war, kam auch Nikodemus mit Myrrhe und Aloe, einem wohl vorbereiteten Balsam. Den Leichnam des Herren hüllten sie in eine Leinwand nach der Gewohnheit der Juden, und betteten ihn in der Nähe in ein neues, aus dem Felsen gehauenes Grab, in welches niemand je gelegt war, auf dass nicht, wenn Christus aufersteht, dieses Wunder einem anderen zuerkannt werde. Der Evangelist verweist auf die Verbindung von Myrrhe und Aloe deshalb, weil diese beständig ist und haften bleibt, auf dass jene, die danach das Linnen und das Tuch, welches um das Haupt des Herren gebunden war, alleine im Grabe sehen werden, nicht denken sollen, man habe den Leichnam gestohlen. Der Herr hat die vollkommene Freiheit, doch dieses Geheimnis begreifen die Irdischen ihrem Wesen nach nicht.

All dieses vollzog sich an jenem Freitag mit Herrlichkeit. Die heiligen Väter bestimmten, dass wir diese Dinge mit zerknirschtem Herzen und mit Rührung bedenken sollen. Lasst uns darüber nachsinnen, dass der Herr am sechsten Tage der Woche, an einem Freitag gelitten hat, weil einst der Mensch auch am sechsten Tage erschaffen worden war. Es war die sechste Stunde, da der Herr am Kreuze hing, und es wird überliefert, dass Adam in der sechsten Stunde seine Hand nach dem verbotenen Baume ausstreckte, und da er ihn berührte, starb, denn die Sünde ist der Tod. Es war gefügt, dass in jener Stunde, die seine Todesstunde geworden war, er auch wieder neugeschaffen wurde. So öffnete sich dem Adam das Paradies im Garten des Leidens. Der bittere Trank war ein Bild seiner Speise. Die Schläge schenkten uns die Befreiung. Die Anspeiungen und die entehrende Zurschaustellung sind für uns die Quelle der Ehre. Die Dornenkrone nahm von uns den Fluch. Das Purpurgewand verlieh uns anstelle der Fellkleidung königlichen Schmuck. Die Nägel befreiten uns vollkommen von aller Unbeweglichkeit durch die Sünde. Das Kreuz war der Baum des Paradieses. Die durchbohrte Seite war ein Bild der Rippe Adams, aus welcher Eva wurde, die einst zum Ungehorsam verführte. Die Lanze wendet von uns das flammende Schwert. Das Wasser, welches aus der Seite des Herren quoll, war das Urbild der Taufe. Das Blut und der Schwamm sind die Griffel, mit welchen der Herrscher uns das erste Vaterhaus wiederschenkte und mit schwarzer Schrift unterschrieb. Auch wird gesagt, dass das Haupt des Adam an jenem Orte ruhte, da Christus, das Haupt aller, gekreuzigt wurde. So erfuhr Adam die Taufe mit dem Blute Christi. Von der Schädelstätte wird folgendes berichtet: Die Sintflut hatte das Haupt des Adam aus der Tiefe emporgebracht. Dieses gelangte allen sichtbar mit den übrigen Knochen zur Schädel Stätte. Es war fürwahr ein Wunder. Salomon hat den Urahn, den ersten Adam, mit seiner ganzen Heeresmacht geehrt und ihn unter vielen Steinen wieder verborgen. Daher heißt diese Stätte seither das Steinpflaster. Mehrere Heilige aber sagen, dass Adam dort selbst von einem Engel begraben worden sei. An der Stelle seines Begrabenseins erschien Christus, der Adler, der ewige Herrscher, der neue Adam, der den durch das Holz gefallenen alten Adam durch das Kreuz des Holzes heilte.

Um deiner überirdischen und unauslotbaren Barmherzigkeit willen, welche du an uns erwiesen hast, erbarme dich unser, Christus, о Gott. Amen.