Julianischer Kalender

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Entstehungsgeschichte

Gaius Julius Caesar, der unter anderem den Posten eines Pontifex Maximus innehatte, und damit als Ranghöchster im Priesterkollegium des Römischen Reiches die Oberaufsicht über die sakralen Angelegenheiten daselbst führte, vertraute den von Sosigenes angeführten Astronomen aus Alexandria die Entwicklung einer Kalenderreform an. Es wurde ein sonnenabhängiger Kalender entwickelt, womit die alexandrinischen Astronomen bereits Erfahrung hatten.

Der Jahresbeginn war an den Tag gebunden, an dem die Konsuln ihr Amt antraten. Dies war ab 153 v. Chr. der 1. Januar. Sosigenes legte eine Jahreslänge von 365,25 Tagen zugrunde, was es erforderlich machte, jedes 4. Jahr als Schaltjahr zu zählen. Nach dem Tod von Caesar bestimmte das Priesterkollegium jedoch eine Zeitlang jedes dritte Jahr zum Schaltjahr, was den Kalender wieder aus dem Gleichgewicht zu bringen drohte. Der Fehler wurde von Augustus Octavian korrigiert, der die Schaltjahre zwischen 9 v. Chr. und 8 n. Chr. aufhob und klare Anweisungen zu ihrer Bestimmung für die Zukunft gab. Darüber hinaus änderten sich auch die Monatslängen etwas: Anstelle des strengen Wechsels zwischen Monaten von 30 und 31 Tagen, mit einem 29-Tage-Februar, wurden die heute gebräuchlichen Monatslängen eingeführt. Die Namen von Julius Caesar und Augustus Octavian wurden verewigt, indem zu ihren Ehren der 7. bzw. 8. Monat des Jahres umbenannt wurden. Spätere Versuche, weitere Monate nach römischen Kaisern zu benennen, setzten sich dagegen nicht durch.

In den von Rom regierten Gebieten wurde der julianische Kalender schrittweise und unter Berücksichtigung lokaler Traditionen eingeführt. Es gab Kompromissvarianten und die Praxis der doppelten Datierung - "auf neue Weise" und "auf alte Weise", "nach griechischem Stil" usw. Auch übernahmen nicht alle Regionen den 1. Januar als den Jahresanfang.

Der julianische Kalender unterschied sich aufgrund der Einfachheit und des klaren Schemas im Wechsel von einfachen Jahren und Schaltjahren positiv von dem vorherigen Mond- bzw. dem jüdischen Lunisolar- (Sonne-Mond-) Kalender. Daher traten diese lokale, komplexere Kalendersysteme allmählich in den Hintergrund, und der julianische Kalender wurde zu einer Art Standard der Zeitberechnung, der sich bis zur Einführung des gregorianischen Kalenders im europäischen Kulturkreis behaupten konnte.

Einfluss auf das Christentum

Byzanz übernahm im Erbe des Römischen Reiches auch den julianischen Kalender, in dem jedoch einige Anpassungen vorgenommen wurden. Die Tageszählung innerhalb der Monate erfolgte nunmehr entgegen der römischen Bezeichnungen durchgängig nummeriert. Die ersten Beispiele für eine solche Datierung finden sich bereits in der patristischen Literatur (zum Beispiel beim heiligen Basilios dem Großen). Weite Verbreitung fand die für den christlichen Gottesdienst bestimmende Zählung der Wochentage. Schließlich änderte sich auch der Jahresbeginn, als dessen Datum die sogenannte Indiktion (lat. Indictiō) gesetzt wurde, die offizielle Verkündung des Beginns der obligatorischen Nahrungsmittelabgaben an den Staat. In den meisten Regionen des Reiches fiel dies mit dem 1. September zusammen, der so zum byzantinischen Neujahrsdatum wurde. In abgelegenen Gebieten mit eigenen kulturellen Traditionen (Syrien, Ägypten) wurden weiterhin die an das julianische Jahr angepassten lokale Kalender verwendet.

Auf dem julianischen Kalender beruhte die Berechnung der Daten des Osterfestes, wie sie im Ergebnis des Ersten Ökumenischen Konzils von Nicäa beschlossen wurde. Die alexandrinischen Rechenregeln führten zu den Ostertafeln des Dionysios Exiguus von 530 n.Chr., nach denen fast alle orthodoxen Kirchen sowohl des „alten“ (julianischen) als auch des „neuen“ (neojulianischen) Stiles ihr Osterdatum berechnen. Eine Ausnahme bildet hier lediglich die finnische Orthodoxie, die sowohl für den Jahresfestkreis als auch für den Osterfestkreis den gregorianischen Regeln folgt.

Astronomische Abweichungen

Da der julianische Kalender eine Jahreslänge von 365,25 Tagen zugrunde legt, was nicht der exakten Jahreslänge (ca. 365,2425 Tage) entspricht, summiert sich diese Abweichung alle 314 Jahre auf einen ganzen Tag. Die gregorianische Kalenderreform 1582 n. Chr. hat deswegen Korrekturen eingeführt, welche die Ursache für die derzeitige Differenz von 13 Tagen zwischen dem julianischen "alten Stil" und dem gregorianischen (weltlich üblichen) bzw. neu-julianischen "neuen Stil" sind.

Hieraus resultiert etwa der weit verbreitete Irrtum, die orthodoxe Kirche würde das Weihnachtsfest im Januar begehen. Natürlich ist auch in der Orthodoxie das Weihnachtsfest am 25. Dezember – dieser fällt jedoch auf den weltlichen 7. Januar.

Die Schönheit des zyklischen Kalenders

Unter den Annahmen der alexandrinischen Astronomen ergab sich ein großer wiederkehrender Kalenderzyklus, der sich aus den zugrunde liegenden Einzelperioden sozusagen als zugrundeliegende kosmische Gesamtschwingung ergibt - ein Zeitraum von 532 Jahren, die große Indiktion, erst nach der sich zumindest im Gottesdienst alles in der gleichen Reihenfolge wiederholt: die Lesungen, Jahreskreis- und Osterkreisfeste, in Kombination mit den dem Acht-Wochen-Zyklus des Oktoechos... Diese Harmonie ist einer der Gründe, der bei vielen Orthodoxen zu Vorbehalten gegenüber dem gregorianischen Kalenderstil führt, bei dem diese Zyklizität leider unwiederbringlich verloren ist.

Quelle

Pravoslavnaja enciklopedia