Ikone
Orthodoxes Glaubensbuch - Die Ikonen im Kirchenraum
Die Ikonen im Kirchenraum. In der Mitte der Kirche liegt auf einem Pult (analoj – griech. Analogion) die Ikone des Festes oder eines Heiligen. Es ist dies die Ikone des Festgeschehens (z. B. Weihnachten) oder des Heiligen, dessen die Kirche an diesem Tag gedenkt. Diese Ikonen wechseln entsprechend dem Kalender.
An den Wänden und auf Pulten entlang der Wände befinden sich verschiedene Ikonen der Gottesmutter und anderer Heiliger. Ihr Aufstellungsort hängt mit der Geschichte der Kirche und den lokalen Traditionen zusammen. Die Ikonen können sich in Einfassungen (kivot d. s. geschnitzte Rahmen, einfache oder doppelte), die manchmal mit einem kunstvollen Baldachin (sen’) überdacht sind, befinden. Ikonen selbst sind oft mit ziselierten, geschnitzten oder gegossenen Verkleidungen (rizy, oklady) versehen, die mit großer Kunstfertigkeit aus Edelmetallen angefertigt bzw. mit Perlen oder Edelsteinen verziert sind.
Der Reichtum des Ikonenschmuckes zeugt sehr oft vom Grad der Verehrung eines Heiligen oder einer Ikone.
Ikonen können auch auf den Säulen angebracht sein, die das Kirchengewölbe stützen.
Fast alle russischen Kirchen sind mit ikonographischen oder historischen Szenen ausgemalt. In den alten Kirchen malte man auf den Wänden Darstellungen der Heilsgeschichte des Alten Testaments, im Gegensatz dazu in der Festtagsreihe der Ikonostase Szenen aus dem Neuen Testament. Auf der hinteren Wand der Kirche stellte man das Jüngste Gericht dar. Nicht selten malte man in Kirchen – besonders in den Kathedralen der Hauptstädte – Zaren, Großfürsten und Fürsten eines Teilfürstentums. Bei der Bemalung der Wände verwendete man bisweilen auch Sujets aus der Kirchen- und Lokalgeschichte.
Ikonen zu Hause
Es wird sich wohl kaum ein orthodoxer Christ finden, der zu Hause keine Ikonen hat. Die Ikonen haben ihren Platz in der sogenannten “schönen Ecke” (krasnyj ugol). Diese Ecke wird nach Möglichkeit so gewählt, dass man während des Gebetes vor den Ikonen nach Osten blickt. Nach Osten sind auch die Altäre der orthodoxen Kirchen ausgerichtet. Aufgang (vostok – Osten) ist eine Bezeichnung für Christus selbst, in kirchlichen Gesängen wird Er manchmal als der “Aufgang aus der Höhe” oder “Aufgang aller Aufgänge” bezeichnet. Die Ikone ist eine materielle Darstellung des unsichtbaren Gottes, der allheiligen Gottesgebärerin, der Heiligen oder Engel. Wenn wir vor den Ikonen beten, so verehren wir nicht das Holz und die Farben – dies wäre Götzendienst –, sondern die Personen, die auf den Ikonen abgebildet sind. Die in der Kirche geweihten Ikonen haben eine besondere gnadenvolle Verbindung mit der geistigen und göttlichen Welt; durch die Ikonen haben auch wir Anteil an dieser Welt.
Viele fromme Menschen haben die Angewohnheit, Gebete, Akathistos- oder Kanon-Hymnen vor den Ikonen zu lesen, die sie zu Hause haben, und zwar an den Gedächtnistagen der Heiligen, die auf ihnen dargestellt sind.
Während des Gebetes und manchmal auch nach dem Gebet, besonders aber an Festtagen, zünden die Gläubigen vor den Ikonen Kerzen oder Öllichter an. Kerzen kann man in der Kirche kaufen, obwohl man sie sehr leicht auch selbst aus Wachs herstellen kann. Die Öllampe zu Hause ist im einfachsten Fall ein kleines Glas, häufig gefärbt – so sieht es schöner aus –, mit einem Docht aus Watte oder Baumwolle, der in einem kleinen metallenen Röhrchen fixiert ist. Früher wurde für diese Öllichter Olivenöl verwendet, jetzt ist es am häufigsten Vaselinöl. Auch gewöhnliches Sonnenblumenöl brennt, verlischt aber bald wieder, da sich am Docht Rückstände bilden. Diese Öllampen werden vor die Ikonen gestellt oder vor ihnen aufgehängt. In früheren Zeiten war ihre Herstellung bisweilen eine hohe Kunst. Einige dieser Öllampen sind richtige Kunstwerke und werden in Museen aufbewahrt.
Ikonen werden sehr oft mit Einfassungen und Metallbeschlägen verkleidet. Diese werden gewöhnlich aus Edelmetallen angefertigt, versilbert oder vergoldet. Die Metalleinfassungen (oklady, Ez. oklad) tauchten zum ersten Mal im XVI. Jahrhundert in Russland auf; sie dienten dem Schmuck der Bilder. Oft wurden sie sehr kunstvoll gestaltet. Manchmal sind sie auch mit Edel- oder Halbedelsteinen verziert. Viele dieser Oklady sind jetzt in Museen ausgestellt, sogar ohne Ikonen, da sie für sich selbst ein Kunstwerk sind.
Zu Hause werden manchmal mehrere Ikonen zusammen in einem Schrein mit einer Glastüre aufbewahrt. Am häufigsten sind dies Ikonen des Erlösers, der Gottesmutter und irgendeines Heiligen. Diese Ikonen werden in den geschnitzten Holzschrein in drei dafür vorgesehene Felder gestellt, und vor dem Schrein hängt ein Öllicht.
Ikonen der Heiligen
Die Kirche verehrt eine große Zahl von Heiligen – Apostel, Propheten, Hierarchen, Märtyrer, Mönche und andere. Von fast allen diesen Heiligen gibt es in der Kirche spezielle Ikonen. Aus Platzmangel können wir hier leider nicht alle behandeln.
Die ikonographischen Darstellungen der Heiligen haben ziemlich feststehende, im Laufe der Jahrhunderte festgelegte Formen. Manchmal kann man schon aus dem Bild eines Heiligen erkennen, ob es ein Märtyrer oder Hierarch ist, auch wenn man seinen Namen nicht kennt. Bei manchen Heiligen bestimmt nicht nur die Form der Darstellung, die auf den Ikonen Zeichnung genannt wird, sondern auch ihre Stellung in der Ikonostase (oder in einer Ikone mit mehreren Heiligen) ihren Rang und den Grad ihrer Verehrung. Im Folgenden werden nur einige charakteristische Heiligenikonen behandelt.
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Geistliche Bedeutung
Allein wegen ihrer Bestimmung kann man Ikonen nicht wie Bilder betrachten. Raum und Zeit der Ereignisse sind auf den Ikonen mystisch und zweisinnig dargestellt. In ihnen werden sichtbare und fühlbare Ereignisse vereinigt mit Symbolen von unsichtbaren und nicht fühlbaren Ereignissen, die nur durch die Offenbarung bekannt werden. Die Ikone ist ein „Fenster“ in eine Welt mit einer anderen Natur, wo Gott – eine bekannte Realität ist, ungeachtet seiner Unerfassbarkeit und Unzugänglichkeit. Ein „Fenster“ in eine Welt von Engeln und Heiligen, in eine Welt, in der uns der göttliche Wille und die göttliche Gnade offenbar werden. Ein „Fenster“ nicht nur zu Gott, sondern auch von Gott zu uns, die die Ikone betrachten. Das ist nicht weniger wichtig für das verstehen von Gott, der Ikone, uns selbst und des eigenen Lebens.
Siehe auch
Weblinks
- Elias D. Moutsoulas: Die Theologie der Ikone.