Großer Kanon des Hl. Andreas von Kreta: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Orthpedia
Zur Navigation springenZur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „Der berühmteste '''Große Kanon des Hl. Andreas von Kreta''' ist ein Bußlied, in dem der Dichter bzw. die sprechende Person die alltiefste Reue und Bußgefühle...“)
 
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(11 dazwischenliegende Versionen von 4 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Der berühmteste '''Große Kanon des Hl. Andreas von Kreta''' ist ein Bußlied, in dem der Dichter bzw. die sprechende Person die alltiefste Reue und Bußgefühle vor [[Gott]] äußert und ihm für die [[Erbarmung]] und [[Heil]] betet. Wird während der [[Fastenzeit]] in der [[Kirche]] gesprochen.
Der '''Große [https://www.orthpedia.de/index.php/Kanon#Kanon_als_Kirchenmusikkunst Kanon] des hl. [[Andreas von Kreta]]''' (griechisch Ἁγίου Ἀνδρέου Κρήτης Μέγας Kανών) ist ein orthodoxes hymnographisches Werk. Der Text des Kanons ist im [[Triodion]] der [[Fastenzeit]] enthalten und besteht aus 250 [[Troparion|Troparien]] (Strophen). Er gilt als der längste existierende Kanon.


== Entstehung ==
Das [[Synaxarion]] verbindet die Zusammenstellung des Großen Kanons mit dem Leben der heiligen [[Maria von Ägypten]]. Der Wissenschaftler Ivan Karabinov geht davon aus, dass der Große Kanon autobiografisch ist<ref name=":0">''Karabinov, I.: [http://azbyka.ru/otechnik/Ivan_Karabinov/postnaya-triod-karabinov/2 <nowiki>Das Fastentriodion [Postnaja Triod']</nowiki>]''</ref> und ursprünglich weder für die Große Fastenzeit noch auf einen Feiertag verfasst wurde – es handele sich vielmehr um das persönlichen Bußgebet eines reifen Menschen, die seine verbleibende Zeit der Umkehr widmen möchte. K. sieht in den enthaltenen Makarismen keinen Beleg für eine liturgische Bestimmung des Kanons, führt dies darauf zurück, dass „sie (die Makarismen) in der liturgischen Praxis mit dem Kanon verbunden waren und ihrem Geiste nach dem Bußkanon nahestehen“.
Der liturgische Gebrauch des Großen Kanons ist erstmals in den Quellen der Studion-Tradition überliefert, in der Hypotyposis (Regelwerk des Studionklosters, erstellt vom hl. [[Theodor der Bekenner, Abt von Studion|Theodor dem Bekenner]]) und anderen Dokumenten. Der Kanon selbst ist bereits in den ältesten Triodien der Fastenzeit enthalten, die uns überliefert sind (10./11. Jahrhundert). Laut diesen Quellen war sein Gesang in der fünften Woche der Großen Fastenzeit vorgeschrieben, wobei der Wochentag unterschiedlich war<ref name=":1">[https://www.sedmitza.ru/text/575646.html ''Der Große Kanon des heiligen Bischofs Andreas von Kreta.''] Kirchenwissenschaftliches Zentrum "Orthodoxe Enzyklopädie" (Pravoslavnaja enciklopedija)</ref>.
== Struktur ==
Der Große Kanon ist einer der frühesten vollständigen Kanons und zeichnet sich daher durch einige Besonderheiten aus: Er bildet eine Sammlung von Kehrversen bzw. Troparien zu biblischen Liedern. Die [[Hirmos|Hirmen]] sind Verse aus biblischen Liedern, die nur selten vom Kanonverfasser ergänzt wurden. Der Große Kanon enthält neun Oden und ist damit einer der wenigen Kanones, bei denen bis in unsere Zeit auch die zweite Ode erhalten ist.<ref name=":0" />
In fast jeder Ode des Kanons können zwei Teile unterschieden werden: Der erste ist ein Gespräch mit der eigenen Seele über die eigenen Sünden und die Mittel, sie zu korrigieren; der zweite ist ein Gebetsschrei zu Gott um Gnade. Für die Schau der eigenen Sünden betrachtet der hl. Andreas die biblische Geschichte: In den ersten acht Oden überwiegend das Alte Testament und nur episodisch das Neue Testament, welches dann am Ende der achten und in der neunten Ode in den Vordergrund tritt. Er weist auf die dort geschilderten Sünden und Sünder beispielhaft hin und macht seiner Seele den Vorwurf, sie habe jenen nachgeahmt; die biblischen Rechtschaffenen führt er ihr dagegen als positive Vorbilder an. Der Heilige betrachtet sich selbst als einen zutiefst sündigen Menschen, der andere in seiner Sünde weit übertroffen hat.
Nach der Regel müssen zu jedem Troparion des Kanons drei große [[Metanie|Metanien]] verrichtet werden. Bei gewissenhafter Befolgung dieser Regel, besonders bei den Altgläubigen, führt dies zu einem siebenstündigen ununterbrochenen Gottesdienst mit etwa tausend Niederwerfungen.
== Liturgischer Vollzug ==
Gemäß dem Jerusalemer [[Typikon]], das heute in der russischen Kirche verwendet wird, wird der Große Kanon nur während der Großen Fastenzeit gelesen:
*    Beim Großen [[Apodipnon|Apodeipnon]] (Komplet) am Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag der ersten Woche der Großen Fastenzeit wird er in Teilen gesungen und gelesen. Das Große Apodeipnon mit der Lesung des Kanons des heiligen Andreas von Kreta wird im Russischen umgangssprachlich auch Efimon (oder Mephimon, vom altgriechischen μεθ' ήμών – „mit uns“) genannt, aufgrund des Refrains „Denn Gott ist mit uns!“ zu den antiphonal gesungenen Versen aus Jesaja (Jes. 8:8–18, Jes. 9:2–7), der auch in russischen Kirchen bis Mitte des 15. Jahrhunderts altgriechisch (Ὅτι μεθ' ἡμῶν ὁ Θεός) gesungen wurde.
*    Am Donnerstagmorgen der fünften Woche der Großen Fastenzeit in voller Länge. Der Gottesdienst des Orthros am Donnerstag der fünften Woche der Großen Fastenzeit erhielt im Russischen die Bezeichnung Mariino Stojanie (Marien-Stehen), weil in ihm die Vita der heiligen Maria von Ägypten gelesen wird, unterbrochen vom Gesang des Großen Kanons. Am Ende jeder Ode des Großen Kanons werden Troparien aus der entsprechenden Ode des Kanons der heiligen Maria hinzugefügt (ebenso auch am Mittwoch und Donnerstag der ersten Woche der Großen Fastenzeit), zusammen mit Troparien, die dem hl. Andreas von Kreta gewidmet sind. Diese finden sich als Ergänzung zum Großen Kanon erstmals nach dem 11. Jahrhundert in einzelnen Handschriften.<ref name=":1" />
Der Kanon wird durch zwei Reihen von Gesängen ergänzt:
* 16 Troparien der Makarismen, die zusammen mit dem Kanon verfasst wurden, und
* 24 alphabetische [[Sticheron|Stichera]] (στιχηρὰ κατὰ ἀλφάβητον) – mit einem alphabetischen [[Akrostichon]], heutzutage gesungen auf „Herr, ich habe gerufen …“<ref>''Orthodoxe Enzyklopädie'' (russ.), Artikel "[https://www.pravenc.ru/text/115370.html ''Alphabetische Stichera'']", Moskau 2001. </ref>
== Kanon online ==
[https://dom-hl-michael.de/kanon/ Der Kanon in drei Sprachen (kirchenslawisch-altgriechisch-deutsch) (DOM e. V.)]
[https://kreuzgang.org/pdf/busskanon.andreas-von-kreta.deutsch.pdf Der Kanon zum Download, katholische Übersetzung]
== Quellen ==
<references />Der Artikel wurde aus [https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%92%D0%B5%D0%BB%D0%B8%D0%BA%D0%B8%D0%B9_%D0%BA%D0%B0%D0%BD%D0%BE%D0%BD Wikipedia (russ.)] übersetzt und leicht angepasst. Er beruht auf dem Eintrag in der "Orthodoxen Enzyklopädie"<ref name=":1" />.
[[Kategorie:Gebete]]
[[Kategorie:Gebete]]

Aktuelle Version vom 2. Februar 2022, 15:28 Uhr

Der Große Kanon des hl. Andreas von Kreta (griechisch Ἁγίου Ἀνδρέου Κρήτης Μέγας Kανών) ist ein orthodoxes hymnographisches Werk. Der Text des Kanons ist im Triodion der Fastenzeit enthalten und besteht aus 250 Troparien (Strophen). Er gilt als der längste existierende Kanon.

Entstehung

Das Synaxarion verbindet die Zusammenstellung des Großen Kanons mit dem Leben der heiligen Maria von Ägypten. Der Wissenschaftler Ivan Karabinov geht davon aus, dass der Große Kanon autobiografisch ist<ref name=":0">Karabinov, I.: Das Fastentriodion [Postnaja Triod']</ref> und ursprünglich weder für die Große Fastenzeit noch auf einen Feiertag verfasst wurde – es handele sich vielmehr um das persönlichen Bußgebet eines reifen Menschen, die seine verbleibende Zeit der Umkehr widmen möchte. K. sieht in den enthaltenen Makarismen keinen Beleg für eine liturgische Bestimmung des Kanons, führt dies darauf zurück, dass „sie (die Makarismen) in der liturgischen Praxis mit dem Kanon verbunden waren und ihrem Geiste nach dem Bußkanon nahestehen“.

Der liturgische Gebrauch des Großen Kanons ist erstmals in den Quellen der Studion-Tradition überliefert, in der Hypotyposis (Regelwerk des Studionklosters, erstellt vom hl. Theodor dem Bekenner) und anderen Dokumenten. Der Kanon selbst ist bereits in den ältesten Triodien der Fastenzeit enthalten, die uns überliefert sind (10./11. Jahrhundert). Laut diesen Quellen war sein Gesang in der fünften Woche der Großen Fastenzeit vorgeschrieben, wobei der Wochentag unterschiedlich war<ref name=":1">Der Große Kanon des heiligen Bischofs Andreas von Kreta. Kirchenwissenschaftliches Zentrum "Orthodoxe Enzyklopädie" (Pravoslavnaja enciklopedija)</ref>.

Struktur

Der Große Kanon ist einer der frühesten vollständigen Kanons und zeichnet sich daher durch einige Besonderheiten aus: Er bildet eine Sammlung von Kehrversen bzw. Troparien zu biblischen Liedern. Die Hirmen sind Verse aus biblischen Liedern, die nur selten vom Kanonverfasser ergänzt wurden. Der Große Kanon enthält neun Oden und ist damit einer der wenigen Kanones, bei denen bis in unsere Zeit auch die zweite Ode erhalten ist.<ref name=":0" />

In fast jeder Ode des Kanons können zwei Teile unterschieden werden: Der erste ist ein Gespräch mit der eigenen Seele über die eigenen Sünden und die Mittel, sie zu korrigieren; der zweite ist ein Gebetsschrei zu Gott um Gnade. Für die Schau der eigenen Sünden betrachtet der hl. Andreas die biblische Geschichte: In den ersten acht Oden überwiegend das Alte Testament und nur episodisch das Neue Testament, welches dann am Ende der achten und in der neunten Ode in den Vordergrund tritt. Er weist auf die dort geschilderten Sünden und Sünder beispielhaft hin und macht seiner Seele den Vorwurf, sie habe jenen nachgeahmt; die biblischen Rechtschaffenen führt er ihr dagegen als positive Vorbilder an. Der Heilige betrachtet sich selbst als einen zutiefst sündigen Menschen, der andere in seiner Sünde weit übertroffen hat.

Nach der Regel müssen zu jedem Troparion des Kanons drei große Metanien verrichtet werden. Bei gewissenhafter Befolgung dieser Regel, besonders bei den Altgläubigen, führt dies zu einem siebenstündigen ununterbrochenen Gottesdienst mit etwa tausend Niederwerfungen.

Liturgischer Vollzug

Gemäß dem Jerusalemer Typikon, das heute in der russischen Kirche verwendet wird, wird der Große Kanon nur während der Großen Fastenzeit gelesen:

  •    Beim Großen Apodeipnon (Komplet) am Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag der ersten Woche der Großen Fastenzeit wird er in Teilen gesungen und gelesen. Das Große Apodeipnon mit der Lesung des Kanons des heiligen Andreas von Kreta wird im Russischen umgangssprachlich auch Efimon (oder Mephimon, vom altgriechischen μεθ' ήμών – „mit uns“) genannt, aufgrund des Refrains „Denn Gott ist mit uns!“ zu den antiphonal gesungenen Versen aus Jesaja (Jes. 8:8–18, Jes. 9:2–7), der auch in russischen Kirchen bis Mitte des 15. Jahrhunderts altgriechisch (Ὅτι μεθ' ἡμῶν ὁ Θεός) gesungen wurde.
  •    Am Donnerstagmorgen der fünften Woche der Großen Fastenzeit in voller Länge. Der Gottesdienst des Orthros am Donnerstag der fünften Woche der Großen Fastenzeit erhielt im Russischen die Bezeichnung Mariino Stojanie (Marien-Stehen), weil in ihm die Vita der heiligen Maria von Ägypten gelesen wird, unterbrochen vom Gesang des Großen Kanons. Am Ende jeder Ode des Großen Kanons werden Troparien aus der entsprechenden Ode des Kanons der heiligen Maria hinzugefügt (ebenso auch am Mittwoch und Donnerstag der ersten Woche der Großen Fastenzeit), zusammen mit Troparien, die dem hl. Andreas von Kreta gewidmet sind. Diese finden sich als Ergänzung zum Großen Kanon erstmals nach dem 11. Jahrhundert in einzelnen Handschriften.<ref name=":1" />

Der Kanon wird durch zwei Reihen von Gesängen ergänzt:

  • 16 Troparien der Makarismen, die zusammen mit dem Kanon verfasst wurden, und
  • 24 alphabetische Stichera (στιχηρὰ κατὰ ἀλφάβητον) – mit einem alphabetischen Akrostichon, heutzutage gesungen auf „Herr, ich habe gerufen …“<ref>Orthodoxe Enzyklopädie (russ.), Artikel "Alphabetische Stichera", Moskau 2001. </ref>

Kanon online

Der Kanon in drei Sprachen (kirchenslawisch-altgriechisch-deutsch) (DOM e. V.)

Der Kanon zum Download, katholische Übersetzung

Quellen

<references />Der Artikel wurde aus Wikipedia (russ.) übersetzt und leicht angepasst. Er beruht auf dem Eintrag in der "Orthodoxen Enzyklopädie"<ref name=":1" />.