Familienfest

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Orthodoxes Glaubensbuch - Familienfeste und Erholung

In der christlichen Familie ist eine gewisse Zeit für Arbeiten, Beten und Lernen bestimmt, es gibt aber auch Zeit für Unterhaltung und Erholung. Übermäßiges Fernsehen ist grundsätzlich schädlich. Es verdirbt die Seele des Menschen. Das verstehen die Orthodoxen sehr gut, deshalb verzichten viele von ihnen prinzipiell auf ein Fernsehgerät im Haus. Die Zeit, die für gemeinsame Dinge genutzt werden könnte, für Unterhaltung, Arbeit und alles, was die Familie eint und hilft, sich als Gemeinschaft und als kleine Kirche zu fühlen, sollte nicht für das Ansehen von Fernsehsendungen vergeudet werden. Bestimmt gibt es unter den verschiedenen Sendungen auch gute und nützliche. Der Schaden des Fernsehens liegt aber darin, dass es die Zuschauer in eine ununterbrochene Abfolge von Eindrücken lockt und sie zu süchtigen Konsumenten macht.

Wegen des Fernsehens ist vieles in den Familien verschwunden, z. B. das Vorlesen, gemeinsame Spiele und nützliche Beschäftigungen. Es ist auch unbestritten, dass die modernen Sendungen Geist und Gefühle verderben und in eine falsche Richtung lenken. Moderne Pädagogen, sogar nichtgläubige, raten den Eltern, nützliche Sendungen schon im Vorhinein anzustreichen und nur diese anzusehen. Wenn ein Christ schon nicht völlig auf das Fernsehen verzichten kann, sollte er wenigstens diesen Rat beherzigen. Dabei muss man aber beachten, dass auch in diesem Fall niemand vor schlechten Einflüssen gefeit ist, die durch gewisse Sendungen hervorgerufen werden.

Dies gilt natürlich nicht für Glaubens-, Lehr-, Wissenschafts- und Kunstsendungen. Aber im Großen und Ganzen betrachtet die Orthodoxie das Fernsehen mit Vorsicht. Eine Familie, in der gemeinsam gebetet, gearbeitet, gegessen, spazieren gegangen und gespielt wird, ist gefestigter und einträchtiger.

Neben den Unterhaltungsmöglichkeiten, die für alle Familien mit Kindern gleich sind, gibt es besondere Beschäftigungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den kirchlichen Festtagen stehen. Sie darf man natürlich nicht vernachlässigen.

Die orthodoxen Traditionen zur Vorbereitung von Festen sind sehr vielfältig. Vor Weihnachten bastelte man früher mit der ganzen Familie Christbaumschmuck, Knallbonbons und Girlanden für den Weihnachtsbaum, man schnitt Schneeflocken aus Papier und lernte besondere Weihnachtslieder (koljadki). Zu Mariä Verkündigung wurden Lerchen aus Teig angefertigt, zu Ostern Eier bemalt, Osterkuchen (kulitsch) und eine Oster-Topfenspeise (pascha) zubereitet. Vor Pfingsten wurden die Häuser mit Birkenzweigen geschmückt, zu Christi Verklärung wurden ganze Kompositionen aus reifen Früchten zusammengestellt, um sie danach in die Kirche zur Obstweihe zu bringen. Auch die Herstellung der Laterne, mit der man das “Grün-donnerstagslicht” in der Karwoche nach Hause tragen kann, um davon das Öllicht vor der Ikone anzuzünden und ein Kreuz über der Eingangstüre zu zeichnen, erfordert Mühe. All dies ist besonders interessant und attraktiv, wenn es in Eigenarbeit hergestellt wird.

Die größten Vorbereitungen erfordert Ostern, vor allem die Zubereitung von Kulitsch, Pascha und Eiern. Die Bemalung von Eiern ist in Russland zu einer Volkskunst geworden. Neben dem Bemalen von gekochten Hühnereiern wurden zum Osterfest auch künstliche Eier aus Holz, Metall, Perlmutt und anderen Materialien angefertigt. Für die Verzierung solcher “Eier” wurden und werden noch heute fast alle Mittel der darstellenden Kunst verwendet: Öl, Tempera, Gouache, Aquarell, Lacke, Holzschnitzerei, Filigran, Email, Guss und andere. Viele solche “Ostereier” wurden zu Ausstellungsobjekten in Museen.

Besondere Fertigkeiten verlangt die Herstellung der Pascha (auf Kirchenslawisch auch “eingedickte Milch” genannt).

Für die Zubereitung der Pascha ist eine besondere Form, die “Paschal'nica”, notwendig. Sie ist jahrelang verwendbar. Von einem Osterfest zum nächsten wird diese Form in ein Leinentuch, eine Serviette oder Mullbinde eingewickelt und aufbewahrt. Mit ihr werden auch vier Nägel und eine dünne aufgewickelte Schnur verwahrt.

Die Paschaform wird am Gründonnerstag hervorgeholt, mit Brunnenwasser gewaschen und danach in Form eines Hauses auf ein vorbereitetes Handtuch zum Trocknen gestellt. Für die Herstellung der Paschaform benötigt man vier ca. 1 cm dicke Brettchen gleicher Größe. Es ist am besten, sie aus Linden- oder Birkenholz anzufertigen (Espenholz und das Holz von Nadelbäumen eignen sich nicht dafür). Schleifen Sie die Brettchen mit Schleifpapier. Aus einem Blatt Zeichenpapier machen Sie eine Schablone für die Paschaform, um ihre Größe zu bestimmen, danach sägen Sie die Brettchen nach der Schablone zu. Die Höhe einer mittleren Paschaform beträgt ca. 18 cm, die untere Seitenlänge 11 cm, die Länge der oberen Seite 6 cm. Die Längsseiten werden in einem Winkel von 50 Grad in Richtung der Innenseite der Bretter geschnitten. Auf der Innenseite kann auch ein Muster geschnitzt werden. Die größere Seite des Brettchens ist außen, die kleinere innen. Vor dem Auftragen der Zeichnung machen Sie auf der Außenseite der Form Kerben für die Schnur, setzen die Form dazu vorher zusammen und zeichnen die Stellen für die Kerben mit einem Bleistift an. Es ist sehr wichtig, dass die Kerben zueinander passen. Schließlich bohrt man in den oberen Teil Löcher für die Nägel, durch die die Form zusammengehalten wird.

Setzen Sie die Brettchen mit den geschnitzten Mustern nach innen zusammen und befestigen Sie sie paarweise mit Nägeln in den Löchern, die im oberen Teil des Brettchens gebohrt worden sind. Danach umwickeln Sie die Basis der Pyramide mit einer Schnur, drehen danach die Form um, stellen sie verkehrt (mit dem schmalen Ende nach unten) auf ein Tablett und legen ein Stück Stoff hinein, den Sie sorgfältig in der Form ausbreiten. Dann füllen Sie die Topfenmasse in den Stoff und drücken sie fest zusammen, damit die Masse alle Hohlräume füllt. Wenn die Form gefüllt ist, verknoten Sie die freien Enden des Stoffs und legen ein Gewicht darauf. Danach stellen Sie die Pascha an einen kühlen Ort und drehen sie auf keinen Fall um. Die Pascha muss bis zum Fest gepresst werden. Sie wird dadurch wohlschmeckender, fester und ohne überflüssige Feuchtigkeit sein. Vor der Weihe am Karsamstag dreht man die Pascha um, stellt sie auf einen Teller, entfernt die Brettchen und nimmt den Stoff weg. Auf den Seitenflächen der Pascha sind nun die Muster sichtbar, die in die Brettchen geschnitzt sind.

Alles, was für das Osterfest vorbereitet wird (Kulitsch, Pascha, Eier, und auch Fleischspeisen), wird am Karsamstag nach dem Morgengottesdienst gegen Mittag geweiht. Diese Weihe ist der Beginn des größten Festes der Christen. Die österliche Freudenstimmung verbreitet sich auf den Straßen und in den Häusern.


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