Symeon Stylites der Ältere

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Gedächtnis: 1. September

Ikone aus dem 16. Jhdt. Am Fuße der Säule liegt Symeons Mutter.
Ruinen der Kirche Symeon Stylites mit den Resten seiner Säule (jetzt mit einem aufgesetzten, runden Felsen)

Der heilige Symeon Stylites der Ältere wurde 389 als Sohn gottesfürchtiger syrischer Bauern namens Hesychius (Susocion) und Mathane (Marabana, Martha) in dem damals kilikischen Dorf Sissa geboren. Sissa wird allgemein mit dem antiken Sision (assyrisch Sissu) identifiziert, dem heute türkischen Kozan am linken Ufer des Kilgen Çayı in der Çukurova südlich des Anti-Taurus. Somit wurde Symeon in die Regierungszeit des letzten gesamtrömischen Kaisers Theodosios des Ersten (gest. 17. Januar 395) hineingeboren und erlebte die dann endgültige Teilung des Reiches als Sechsjähriger. Das Christentum war seit dem Dreikaiseredikt 380 faktisch Staatsreligion.

Schon als Heranwachsendem fiel ihm die Aufgabe zu, die Schafe der Familie in der einsamen Bergwelt des Anti-Taurus zu weiden. Hierbei wurde ihm ein Zeichen des Himmels in Form eines so ungewöhnlichen Schneefalles gesandt, dass er seine Schafe nicht wie gewohnt zur Weide führen können. Er betrat deswegen eine kleine Bergkirche, um zu beten und hörte dabei die Seligpreisungen, darunter: "...Selig seid ihr, die ihr hier weint; denn ihr werdet lachen... Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen..." (Lukas 6, 21 und Matthäus 5,8). Hiervon im Herzen berührt, erkundigte er sich bei dem Geistlichen, wie er diesen Lehren des Herrn folgen könne. Er befolgte den geistigen Rat des Priesters, verließ seine Familie und begab sich zu einem nahegelegenen Kloster, in welchem entschiedene Asketen in Gemeinschaft lebten. Nach seiner Bekehrung fastete er ungewöhnlich streng und kniete tagelang ununterbrochen im Gebet.

Da Symeon aber ein noch strengeres Leben als dort führen wollte, folgte er nach zwei Jahren dem Ruf der Weisheit des Abtes Heliodor im Klosters zu Teleda (heute Deir Tell 'Ada) im Dschebel Siman bei Antiochia. Mehrere Tage lag er bar jeder Nahrung vor der Klosterpforte, bis diese sich ihm gnädiglich öffnete. Der Abt hieß ihn, den Mönchen zu dienen und den Psalter auswendig zu lernen. Dort verbrachte er in einer Gemeinschaft von damals 80 Mönchen zehn Jahre und übertraf von Anfang an alle anderen in der Strenge seiner Askese. So nahm er statt alle zwei Tage nur einmal wöchentlich Nahrung zu sich und verschenkte seine anderen Mahlzeiten heimlich und verschwiegen an die Armen, welche an der Klosterpforte zu betteln pflegten. Aber dem Himmel blieben diese guten Taten nicht verborgen, und so wurde Symeon mit großen Gnadengaben ausgestattet. So verbrachte er zwei Jahre lang statt in einer Zelle in einer Grube im Garten, welche ihm bis zur Brust reichte. Um den Leiden Christi näherzukommen, ertrug Symeon danach einen engen Gürtel aus Palmblättern, der ihm tief in sein Fleisch schnitt. Nachts betete er in Form von Verbeugungen. Die Altväter sahen sich gezwungen, Symeon aus dem Kloster zu schicken, weil er zum Vorbild für die schwächeren Mönche wurde, welche seine Askese nachzuahmen versuchten, obgleich diese ihre Kräfte weit überstieg.

In seinem Gehorsam verließ der Heilige sein Kloster, welches ihm in zehn Jahren zu einer zweiten Heimat geworden war, und begab sich in die Wildnis eines benachbarten Berges. Dort fand er durch Gottes Vorsehung einen trockengefallenen Brunnen aus unvordenklichen Zeiten, in welchen er hinabstieg und dort unten blieb. Hier sang er aufrecht stehend Tag und Nacht ununterbrochen Hymnen zum Lobpreis Gottes. Nach fünf Tagen machten sich die Mönche Vorwürfe, den Asketen Christi einfach weggeschickt zu habe, und sie durchsuchten die ganze Gegend nach ihm. Der Brunnen befand sich an einem abgelegenen, von den Menschen gemiedenen Ort, von dem es hieß, dort würden Dämonen hausen. Durch die Anwesenheit Symeons wurde er aber geheiligt.

Wiederum aus Gehorsam kam der Heilige zurück in sein Kloster, erbat sich aber nach kurzer Zeit selbst die Erlaubnis, ganz der Askese Christi leben zu dürfen. Diese Erlaubnis wurde ihm durch seinen Abt Heliodor auch erteilt. Daraufhin begab sich Symeon nach Maris, dem damals einzigen Kloster bei dem Dorf Telanissos (Telneshin). Diese kleine Siedlung, heute Deir Seman bei Aleppo in Syrien, entstand an einem Abzweig der römischen Straße von der Doppelstadt Seleukia Apamea am Euphrat und Zeugma (Brückenstadt) über Kyrrhos, dem heutigen Nebi Huri, nach Süden. Der Abzweig führte nach Antiochia am Orontes, dem heute türkischen Antakya. Neben einem bescheidenen Handel bildete der Olivenanbau die Haupteinnahmequelle des Ortes.

Symeon fand in der Nähe des Klosters eine einsame Hütte auf einem Hügel, welche er als seine Zelle nutzte. Er lebte darin nun nur noch darauf bedacht, die himmlischen Tugenden zu erwerben. So nahm er während der Großen Fastenzeit 40 Tage überhaupt keine Speise und keinen Trank mehr zu sich. Um diesen Entschluss auch in die Tat umsetzen zu können, bat er beim ersten Mal den Ortsgeistlichen Bassos, die Tür seiner Zelle währenddessen zu vermauern. Dieser willigte nur ein, als Symeon einen Krug Wasser Wasser und zehn Brote für den Notfall mit in die Zelle nahm. Nach der Fastenzeit waren Wasser und Brot unberührt. Bassos fand den Heiligen regungslos am Boden, unfähig zu sprechen. Durch den Genuß der göttlichen Mysterien fand der Heilige wundersam erquickt wieder zu alter Kraft zurück. Fortan verbrachte er alle Grossen Fastenzeiten ganz nach dem Vorbild von Moses, Elias und Jesus in völliger Enthaltsamkeit von jeglicher Nahrung und sogar aufrecht stehend, gleichsam als eine Vorabbildung seines späteren Wirkens als Styliten.

Nach drei Jahren in dieser Zelle verließ Symeon auf eigenen Wunsch auch die Mönche des Klosters Maris, welche wieder wie im Kloster Teleda danach trachteten, seine Askese nachzuahmen. Er stieg auf eine felsige Anhöhe in der Nähe und ließ sich unter freiem Himmel an eine Kette legen, die an einem Stein befestigt war. Dort suchte ihn dann der weise Chorbischof Meletios von Antiochien auf, der als Assistent des Metropoliten die Gläubigen auf dem Land seelsorgerlich betreute. Dieser gab ihm zu bedenken, dass der Wille eines erleuchteten Menschen sich als stärker erweisen sollte als jegliche Kette. Hiervon überzeugt, ließ der Heilige im Gehorsam gegenüber seinem Hierarchen die Kette durch einen Schmied wieder zerbrechen. Aus der Wunde an seinem Fuße kamen schon Würmer, so dass der Heilige in der Erleidung der Schmerzen um Christi willen die Geduld eines Märtyrers bewiesen hatte.

Alsbald verbreitete sich der Ruf des Heiligen wie ein Lauffeuer um die Welt. Pilger aus Persien, Georgien, Griechenland, Italien, Gallien und gar Britannien strömten ihm zu wie die Wasser, die sich in das Meer ergießen - nur um seinen an Leib und Seele heiligenden Segen zu empfangen. Doch Symeon liebte und suchte nichts als die innere Schau in der Einsamkeit, weswegen er elf Jahre nach seinem Aufstieg auf den Berg dort eine knapp drei Meter hohe Säule mit einer kleinen Plattform errichtete. Er setzte damit eine Vision um, in der er eine Leiter zum Himmel sah, an deren Spitze Christus stand und ihn aufforderte, diese zu erklimmen. Um sich den Ehrbezeugungen der Menschen zu entziehen, erhöhte der Heilige seine Säule Stück um Stück, dabei dem Himmel immer näher kommend - zunächst auf sechs Meter, dann auf elf, dann auf achtzehn und schließlich auf zwanzig Meter. Die oberste Plattform war kanzelartig von einem Gitter umgeben und so eng, dass der Heilige dort weder sitzen noch liegen konnte. Diese Art der Askese war vor ihm unbekannt, so dass er der Vater der Styliten genannt werden kann.

Auf der höchsten Säule blieb der Heilige zweiundzwanzig Jahre bis zu seinem Hingang, insgesamt soll er 37 Jahre als Stylit gelebt haben. Die stufenweise Erhöhung seiner Säule war ein äußeres Zeichen des inneren Aufstiegs seiner Seele ins göttliche Licht. Von dort oben strahlte er einem wegweisenden Leuchturm gleich und erleuchtete mit seinem Glauben die Pilger, welche zu ihm strömten. So wirkte er viele Wunder von der Heilung der Kranken durch bloße Worte und Gebete bis hin zum prophetischen Vorhersagen von feindlichen Angriffen und Naturkatastrophen wie Erdbeben, Heuschreckenplagen, Hungersnot und Pest. Selbst die Gabe der Unterscheidung der Geister ward ihm zuteil. Er stellte nicht nur körperliche Gesundheit wieder her, sondern tröstete auch viele im Geiste. Kinderlosen Eheleuten erflehte er den erwünschten Kindersegen. Selbst der Staub zu seinen Füßen besaß Heilkraft. Auch abwesenden Kranken half er durch seine Fürbitte. Natürlich war er in besonderer Art und Weise dem Angriff von Dämonen ausgesetzt, welche er aber alle einzig durch das Gebet überwand. Dreimal erblindete der Heilige, gewann aber durch sein Gebet jedesmal nach vierzig Tagen sein Augenlicht zurück.

Seine Säule war von allen Seiten von Armen wie Reichen, Königen wie Knechten umringt. Der Heilige nahm wie gewohnt nur einmal in der Woche Nahrung aus dem Almosenkorb zu sich, den er selbst auf die Säule zog. Zweimal täglich predigte er zu den zahlreichen Pilgern aus nah und fern, das erste Mal nach seinem umfangreichen Morgengebet. Dabei betonte er immer wieder die Beschlüsse der Konzile von Nikaia und Konstantinopel wie auch später die von Chalkedon (451) und bekehrte viele zum Christentum. Seine bevorzugten Themen waren die Sünden seiner Zeit und die daraus notwendige Buße, die Pflicht zur Gerechtigkeit und die Abkehr vom Laster des Wuchers, die Wichtigkeit des Kirchenbesuchs und die Notwendigkeit des persönlichen Gebetes. Seine Schülern gründeten bereits zu seinen Lebzeiten um ihn herum das Kloster Mandra.

In heiligem Eifer suchte er auch die Seelen der Häretiker zurückzugewinnen. So erreichte er brieflich eine Umkehr der Kaiserin Eudokia von der eutychianischen Häresie wieder hin zur Orthodoxie, indem er sie in einem Antwortschreiben an den "göttlichen Mann Euthymios" verwies. Symeon wirkte während der Regierungszeiten der Kaiser Theodosios des Jüngeren (1. Mai 408 bis 28. Juli 450), Markian (gest. 27. Januar 457) und Leo des Grossen. Weil der Heilige nicht mehr von seiner Säule herabkam, stieg Kaiser Theodosios (geb. 10. April 401) zu ihm hinauf, wenn er Rat brauchte. Beide führten auch einen Briefwechsel, in welchem der Kaiser Symeon mit "sehr heiligen und himmlischen Märtyrer" anredete. Auch Kaiser Markian erschien vor seiner Säule. In seinem Briefwechsel mit Kaiser Leo dem Grossen ermutigte Symeon diesen zum Kampf gegen die Häresie der Monophysiten.

Seine Mutter Martha besuchte ihn zweimal, doch er rief nur von oben herab: "Störe mich jetzt nicht, liebe Mutter. Wenn wir dessen würdig werden, so werden wir uns in der nächsten Welt sehen!" Frauen war es nicht erlaubt, sich ihm zu nähern.

Am 1. September 459 ging dieser erste Stylit mitten im Gebet in die Ruhe des Herrn ein. Seine kostbaren Reliquien wurden von Patriarch Martyrius von Antiochia in Begleitung von sechs Bischöfen in einer riesigen Prozession nach Antiochia in die von Kaiser Konstantin (gest. 336) erbaute Kirche überführt, wo eine dreißigtägige Totenfeier abgehalten wurde. 468 ließ Kaiser Leo Teile der Reliquien auf Bitten des heiligen Daniel Stylites nach Konstantinopel bringen, wo eine in der Nähe von Daniels Säule gebaute Kirche dem heiligen Symeon geweiht wurde. Weitere Reliquien wurden in die spätestens 470 fertiggestellte Weitarkadenbasilika von Qalb Loze gebracht. In Mandra entstanden von 476 bis 490 vier an Qalb Loze orientierte Basiliken kreuzförmig um die Säule des Heiligen als Mittelpunkt. Gleichzeitig entstand eine Pilgerstadt zu Füßen der Anlage auf dem Hügel sowie eine Prozessionstraße von dort nach Antiochia. Die Klosteranlage fiel 638 in die Hände der Monophysiten, vor denen der Heilige so eindringlich gewarnt hatte. Die Araber zerstörten das Kloster im Jahre 985 und nannten den Ort in Qal’at Sim’an um. Noch heute sind dort die mächtigen Ruinen der Anlage sowie ein Rest der Säule des Symeon zu sehen.

Literatur

  • Das Synaxarion - die Leben der Heiligen der Orthodoxen Kirche. In 2 Bänden. Gestützt auf die 6-bändige Ausgabe des Hl. Klosters Simonos Petra. Erster Band. September bis Februar. Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania (Kreta) 2006, ISBN 960-88698-0-3, S. 28ff.
  • Nikolaj Velimirović: Der Prolog von Ochrid. Verlag Johannes A. Wolf, Apelern 2009, ISBN 978-3-937912-04-2, S. 570.
  • Hugo Ball: Byzantinisches Christentum: Drei Heiligenleben. Insel, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-458-04965-7; Neuauflage, herausgegeben und kommentiert von Bernd Wacker: Wallstein Verlag, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89244-779-5