Orthodoxe St.-Tichon-Universität für Geisteswissenschaften

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Die Orthodoxe St.-Tichon-Universität für Geisteswissenschaften (Russisch: Православный Свято-Тихоновский гуманитарный университет) in Moskau ist eine koedukative theologische Universität für Laien der Russischen Orthodoxen Kirche. Gegründet 1991, ist sie die erste theologische Volluniversität für Laiinnen und Laien in Russland, die anders als die traditionellen Orthodoxen Seminare nicht nur männliche Studenten zur Ordination ausbildet, und die einzige Orthodoxe Institution in Russland, deren Abschlüsse allgemein anerkannt sind. Sie verfügt über zehn Fakultäten: Theologie, Geschichte, Pädagogik, Missionspraxis, Religiöse Kunst und Musik, Wirtschaft, Sozialdienste und Informationsmanegement. Die theologische Grundausbildung ist für alle Studenten obligatorisch. Die Aufnahme erfordert weder ein orthodoxes Glaubensbekenntnis noch bestimmte Vorkenntnisse, außer in der Ikonenschule, wo die Bewerber Kenntnisse in traditioneller orthodoxer Kunst nachweisen müssen.

Die Universität verdankt ihre Gründung den beiden orthodoxen Missionaren Vsevolod Schpiller (1902–1984) und Pavel Troitsky (1894–1991). Ende der 1980er Jahre begannen deren Schüler, Abendkurse in Theologie zu geben, die 1991 in eine gemeinsame Einrichtung mündeten, die dann 1992 mit der Unterstützung von Patriarch Alexij II. von Moskau und ganz Russland staatliche anerkannt wurde. Die Universität ist eng verbunden mit der „Bruderschaft des Gnädigen Erlösers“, die von Anfang an Lehrmaterialien und Räumlichkeiten zur Verfügung stellte.

Jahrelang musste die Universität auf Räumlichkeiten anderer Hochschulen oder Kirchen zurückgreifen, vor allem auf jene der St.-Nikolaus-Kirche in Kuznetsi, die zur Bruderschaft gehört. Anfang des Jahrtausends erwarb die Universität das frühere Bischofshaus, vor der Oktoberrevolution Sitz der Offenen Orthodoxen Universität, das jetzt (2009) komplett renoviert und zum neuen ständigen Campus ausgebaut wird.

Die Universität wurde stets von einem ihrer Gründer geleitet. 1991 war dies Hochwürden Wladimir Worobjow (* 1941) von der „Bruderschaft des Gnädigen Erlösers“. Seit 2009 ist ein ehemaliges Gemeinderatsmitglied der Russischen Orthodoxen Kirche Rektor der Universität. Wladimir Worobjow ist auch Vorsitzender der Abteilung für Religion und Kultur an der Akademie des Innenministeriums.

Die Universität rekrutiert ihr Personal vor allem aus dem Russischen Orthodoxen Klerus und akademischen Laien; gelegentlich gibt es auch Gastdozenten anderer Konfessionen (z.B. der Römisch-Katholischen Kirche). Die Universitätsbediensteten engagierten sich in der öffentlichen Kontroverse mit dem russischen Kultusministeriums um die angebliche orthodoxe Einflussnahme auf öffentliche Schulen im Jahr 2007. Im Jahr 2006 hatte sich der verstorbene Patriarch Alexij für eine stärkere Präsenz in den öffentlichen Schulen eingesetzt und vorgeschlagen, die St.-Tichon-Universität mit der Ausbildung von Laienlehrern für das empfohlene Fach Grundlagen der orthodoxen Kultur zu beauftragen.

Die Universität begeht den 18. November, an dem der hl. Tichon 1917 zum Patriarchen erhoben wurde, als Gedenktag.

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