Benutzer:Christian/Akathistos-Hymnus

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"Akathistos-Hymnus - ein /Hymnus an die jungfräuliche Gottesmutter, in dem der Gruß des Engels (Lk 1,28) aufgenommen und meditiert, wowie die Gottesgebärin als Beschützerin der Stadt (Konstantinopel) gepriesen wird. Der Name des Hymnus kommt daher, daß er "nicht-sitzend", also stehend, angehört wird. Der Hymnus wird am Samstag der fünften Fastenwoche (Akathistos-Samstag) vorgetragen, bei den Griechen außerdem jeweils ein Viertel im /Apodipnon (d.h. Komplet) an den Freitagen der ersten vier Fastenwochen."

Sergius Heitz (Hrsg.): Christus in euch: Hoffnung auf Herrlichkeit. Orthodoxes Glaubensbuch. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN: 3-525-56832-0, S. 231f

"Durch Gottes Erwählen und ihr demütiges Annehmen der Botschaft des Engels mit den Worten: "Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe nach Deinem Worte!", ist sie [die Gottesgebärerin] allein unter den Menschen zur Mutter des Lebens geworden und hat damit eingelöst, was Eva zu sein verspielte (Gen 3,20).<ref>"20 Und Adam hieß sein Weib Eva, darum daß sie eine Mutter ist aller Lebendigen." Luther 1912</ref> Ihre Einzigartigkeit ist also nicht zu übersehen. Als Werkzeug der Erlösung hat sie auch als erste die Erlösung und vollkommene Theosis an sich selbst erfahren. Davon gibt ihr Entschlafen Zeugnis, von dem es im Festtropar zum 15. August heißt:

"Im Gebären hast du die Jungfräulichkeit bewahrt,
im Entschlafen die Welt nicht verlassen, o Gottesgebärerin.
Du bist übergegangen zum Leben,
die du bist die Mutter des Lebens,
und durch deine Fürbitten
errettest du vom Tode unsere Seelen.""

Als vornehmstes Glied der Kirche wird sie so Vorabbildung (Typos) und Vorbild der neuen Menschheit, die in der Kirche Gestalt gewinnt. Als Typos der Kirche aber ist sie zugleich auch Typos der erneuerten Menschennatur und damit der innersten Wirklichkeit jedes einzelnen Getauften. An ihr ist jetzt schon zu erkennen, was durch die Theosis auch jeder Gläubige einst nach Maßgabe seines Vermögens sein wird, sie jedoch in Vollkommenheit darstellt: ein Tempel des lebendigen Gottes. Daher singen wir:

"Du allein unter allen Geschlechtern der Menschen,
allreine Jungfrau,
wurdest die Mutter Gottes,
der Gottheit Wohnung und Zelt..."

Und:

"Der durch dich zum Gottesahnen gewordene Prophet David,
sprach im voraus über dich zu dem, der Großes an dir tat:
"Es steht die Königin zu Deiner Rechten!" (Psalm 44 [45],10),<ref>In deinem Schmuck gehen der Könige Töchter; die Braut steht zu deiner Rechten in eitel köstlichem Gold."</ref>
Denn Gott erwies dich
als gastfreundliche Mutter des Lebens (Gen. 3,20),
Er, dr geruhte, ohne Vater aus dir Mensch zu werden
und wiederherzustellen
Sein durch die Leidenschaften verdorbenes Abbild,
Er, der das in den Bergen verlorene Schaf fand,
auf die Schultern nahm,
um es heimzubringen zum Vater
und es gemäß Seinem Willen zu vereinigen
mit den himmlischen Mächten."

Als Mutter des Lebens, die in ihrem Sohn zu Gott freien Zutritt hat, wird sie in der Kirche als unermüdliche Fürbitterin und Helferin der Schwachen verehrt. Immerwieder ertönt in den orthodoxen Gottesdiensten der Ruf:

"Auf die Fürbitte der Gottesgebärerin,
Erlöser, erlöse uns!"

oder:

"Allheilige Gottesgebärerin, errette uns!"

Diese letztgenannte Forderung ist aber nicht so zu verstehen, als wäre die Gottesgebärerin in irgendeinem Sinne Miterlöserin. Denn im Gegensatz zu gewissen neueren römisch-katholischen Vorstellungen steht sie nach orthodoxer Tradition immer auf der Seite der erlösten Menschheit, nie auf der Seite der erlösenden göttlichen Natur. Denn auch was sie in ihrer Fürbitte und tatkräftigen Unterstützung der Bedrängten tut, ist grundsätzlich nichts anderes, als was auch die anderen Glieder der Kirche nach Maßgabe ihres Vermögens tun und tun sollen: den schwächeren Gliedern des Leibes Christi durch Fürsprache und Hilfeleistungen unter die Arme zu greifen. Um hier keinem Mißverständnis zu unterliegen, muß beachtet werden, daß die Begriffe "retten, erretten" sorgfältig zu unterscheiden sind von den Begriffen "erlösen und "versöhnen", die beide einzig auf Christus zu beziehen sind, da kein Mensch außer Ihm, dem Gott-Menschen, uns "erlösen" oder mit dem Vater "versöhnen" kann. In neueren griechischen liturgischen Büchern hat man versucht, das Mißverständnis zu verhindern, indem man die Anrufung: "Allheilige Gottesgebärerin, rette uns!" konkretisierend ersetzt hat durch "Allheilige Gottesgebärerin, bitte für uns!" Beides ist sinngleich zu verstehen.

Wie sehr die Gottesgebärerin als Typos der Kirche und jedes einzelnen Gläubigen zu sehen ist, bezeugt auch die Evangeliumslesung aus Lk 10 und 11, die an allen Hochfesten der Gottesgebärerin, die keine eigene biblische Grundlage haben, zum Vortrage kommt. Um diese Lesung zu verstehen, muß man zunächst den Schluß der Perikope betrachten. Jesu geht in ihr auf die Seligpreisung Seiner Mutter durch eine Frau aus dem Volk ein, die gerufen hat: "Selig der Leib, der Dich getragen, und die Brust, die Dich genährt hat!" (Lk 11,27). Der Herr weist diese Seligpreisung nicht zurück, wie viele westliche Exegeten fälschlich schließen. Er führt sie vielmehr weiter: "Ja, selig sind, die Gottes Wort hören und es bewahren" (Lk 11,38).<ref>[gemeint ist Lk 11,28: ... 27 Und es begab sich, da er solches redete, erhob ein Weib im Volk die Stimme und sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der dich getragen hat, und die Brüste, die du gesogen hast. (Lukas 1.28) (Lukas 1.48) 28 Er aber sprach: Ja, selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren. (Lukas 8.15) (Lukas 8.21) ... Luther 1912]</ref> Denn gerade dies hat ja die Gottesmutter getan: sie hat Gottes Wort gehört, sich darauf eingelassen und es bewahrt (Lk 1,38; 2.19.51). <ref>Lk 1,38: Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr. - Lk 2.19.51: Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. + Und er ging mit ihnen hinab und kam gen Nazareth und war ihnen untertan. Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen.</ref> Darum ist sie Mutter des Lebens geworden. Von daher ist nun der erste Teil der Lesung zu verstehen. Er erzählt von einer geistigen Nachfolgerin der Gottesmutter, die nicht zufällig auch Maria heißt. Auch sie ist Typos aller Hörer des Gotteswortes, da sie unbeirrt zu Füßen Jesu sitzt und Ihm zuhört, während sich ihre Schwester von den Dingen, die getan werden müssen, beherrschen und von Sorgen, Unruhe und Ungeduld umtreiben läßt (Lk 10, 38-40). Wer sich also wundert, daß der erste Teil der Evangeliumslesung an vielen Festen der Gottesgebärerin gar nicht von ihr, sondern von einer Namensschwester Maria handelt, der lernt dies zu verstehen, wenn er sich vor Augen hält, daß die Gottesmutterist, was sie ist, weil sie "Gottes Wort hörte und bewahrte".

Auf dem Hintergrund der dargestellten Anschauungen ist schließlich auch das Kondakion des Hochfestes der Verkündigung am 25. März zu verstehen, das auch im Akathistos-Hymnos (Hymnus an die Gottesgebärerin, den man "nicht-sitzend" anhört) erklingt. Es preist die Gottesgebärerin als Beschützerin der Stadt Konstantinopel und geht wohl auf das Jahr 626 zurück, als Patriarch Sergios in Abwesenheit des Kaisers Heraklios während einer Belagerung der Reichshauptstadt ihre Verteidigung erfolgreich organisierte. In diesem Kondakion wird die Gottesgebärerin als "für uns kämpfende Heerführerin" angesprochen und ihrem Schutz die Stadt unterstellt. Darin drückt sich der Glaube aus, daß, wer Gottes Wort hört und es bewahrt, allen Nöten und Gefahren gewachsen ist, wenn er in diesem Worte bleibt. Denn der Herr Selbst hat in den Abschiedsreden Seinen Jüngern verheißen: "Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer an Mich glaubt, der wird die werke, die ich tue, auch tun und wird größere als diese tun; denn Ich gehe zum Vater (Joh 14,12). Darum erfährt und preist das orthodoxe Volk die Gottesgebärerin immer wieder als Beschützerin und Retterin in Nöten und Gefahren. Mit diesem Kondakion hält es die Erinnerung an die unzähligen wunderbaren Bewahrungen und Errettungen wach, aber auch an die furchtbare Tatsache, daß Konstantinopel fiel (1453), kurz nachdem seine weltlichen und geistigen Führer den orthodoxen Glauben verraten hatten (1439). Im Wissen um diese Zusammenhänge und in der Dankbarkeit dafür, daß trotz des Falles der Stadt der orthodoxe Glaube nicht verlorenging, singt das Volk bis heute das Kondakion mit Inbrunst, Furcht und Verehrung:

"Der für uns kämpfenden Heerführerin als Siegespreis,
weihe ich, deine Stadt, aus Leiden befreit,
das Dankeslied dir, Gottesgebärerin.
Du hast die unbesiegbare Macht;
so befreie mich aus allen Gefahren!
Und ich rufe dir zu:
"Freue dich, unvermählte Braut!" "

Biblische Begründung:

  • Hoheslied 4,12
  • Lk 1,26-38
  • Lk 2,19.51
  • Lk 10,38-40
  • Lk 11,27-28
  • Psalm 44 (45),10-18
  • 1 Kön 2,10
  • Rm 8,29
  • 1 Kor 15,49
  • Joh 14,12-14

HALTE FEST: Was die Gottesgebärerin den orthodoxen Gläubigen bedeutet, faßt ein Stichiron (Zwischenstrophe) zu den Luzerariumspsalmen der sonntäglichen Vesper im fünften Ton zusammen:

"Allreine Gottesgebärerin,
wie soll ich dich nennen?
Tempel der Herrlichkeit Gottes.
Ich nenne dich Garten von Eden
und bezeichne dich als Arche Noahs,
die für Gott rettete das königliche Priestertum,
das ganze heilige Volk,
die Schar Christi, unseres Gottes.
Ich vergleiche dich mit dem Zelt des Mose,
wo die Bundeslade und der blühende Stab,
der Leuchter, das Gefäß mit Manna
und das goldene Rauchfaß sich befanden,
das Zelt, zu dem hinflieht jeder Gläubige
und erbittet große Gnade." "

Sergius Heitz (Hrsg.): Christus in euch: Hoffnung auf Herrlichkeit. Orthodoxes Glaubensbuch. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN: 3-525-56832-0, S. 58-61

Anmerkungen

<references />