Ökumenisches Konzil

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Ökumenische Konzile („oikumene“ = ganze bewohnte Erde) sind außerordentliche Synoden, auf denen die Patriarchen, Bischöfe und kirchlichen Autoritäten der Christenheit zusammenkommen. Sie entscheiden in erster Linie und besonders beim Aufkommen von Häresien über dogmatische Formulierungen. Desweiteren verabschieden sie die kanonischen Rechtsvorschriften, die die Verwaltung der Kirche regeln. Diese Kanones werden in der orthodoxen Kirche (trotz häufiger Revisionen durch Lokalsynoden oder spätere ökumenische Konzile) als allgemeinverbindlich und für die kanonische Tradition maßgeblich betrachtet.

Die sieben ökumenischen Konzile

Sowohl von der katholischen als auch von der orthodoxen Kirche werden für das erste Jahrtausend sieben Konzile als ökumenisch erachtet, weil zu ihnen alle Bischöfe eingeladen waren – ungeachtet dessen, dass nur wenige Mitglieder des lateinischen bzw. westlichen Episkopats an den ersten fünf Konzilen teilnahmen.

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1. Erstes Konzil von Nicäa (Nicäa I) 325, einberufen vom römischen Kaiser Konstantin I., dem Großen

Es verurteilte die Lehre des alexandrinischen Presbyters Arius (Arianismus), die Jesus Christus dem Wesen nach als zwischen Gott und Mensch stehendes Geschöpf auffasste. Es formulierte die Wesensgleichheit (griechisch homooúsios „wesensgleich“) von Sohn und Vater und verfasste ein erstes Glaubensbekenntnis (Nicaenum). Kirchenrechtliche Bestimmungen (Kanones) regelten die Grundstrukturen in der Orthodoxen Kirche, so das kanonische Territorium der Lokalkirchen (die späteren Patriarchate) und die Wahl der Bischöfe.

2. Erstes Konzil von Konstantinopel (Konstantinopel I) 381, einberufen vom oströmischen Kaiser Theodosius I.

Es verurteilte die Lehre Makedonius´ I., des Patriarchen von Konstantinopel, und der Pneumatomachen, welche die Wesensgleichheit von Gott und Heiligem Geist bestritten. Es bestätigte die Gottheit Christi und des Heiligen Geistes und beendete die Abfassung des Glaubensbekenntnisses (des von den orthodoxen und altorientalischen Kirchen seitdem verwendeten Nicäno-Konstantinopolitanums). Der Kirche von Konstantinopel, dem „Neuen Rom“, wurden die gleichen Ehrenrechte (presbeia) wie der Kirche von Rom und der zweite Platz nach Rom eingeräumt. Beide Konzile werden von allen Christen anerkannt.

3. Konzil von Ephesos 431, einberufen von Kaiser Theodosius II.

Es verurteilte Nestorius, den Patriarchen von Konstantinopel, der eine mögliche Verwirrung zwischen dem Menschen Jesus und dem göttlichen Logos befürchtete und daher lehrte, dass die Jungfrau Maria nur einen Menschen geboren hätte, der untrennbar mit dem Logos verbunden wäre. Diese im Laufe der Kontroverse verhärtete Position führte ihn dazu, von den zwei Personen Christi zu sprechen. Das Konzil bekräftigte Christus als eine Person von Geburt an und nannte seine Mutter Gottesgebärerin („Theotokos“ – Mutter Dessen, der von Natur aus Gott ist). Die „nestorianischen“ Kirchen lehnen dieses Konzil ab.

(Das Zweite Konzil von Ephesos (Ephesos II) 449, das von Theodosius II. einberufen und als „Räubersynode“ bekannt wurde, fand weder die Anerkennung der orthodoxen noch der katholischen Kirche. Seine Beschlüsse wurde durch das Konzil von Chalkedon aufgehoben.)

4. Konzil von Chalkedon 451, einberufen von Kaiser Markian

Das Konzil bestätigte, dass Jesus Christus zwei Naturen besitzt, zugleich Gott und Mensch ist. Es erzielte mit dem „Chalcedonense“ ein Gleichgewicht in der christologischen Aussage, indem es im Anschluss an Nicäa I und Konstantinopel I die Gottheit Christi unterstrich, zugleich an seiner Menschheit festhielt (sich so gegen diejenigen stellte, die diese als durch die Gottheit „absorbiert“ ansahen) und anknüpfend an Ephesos die Einheit seiner Person bekräftigte. Entsprechend wurde es (wie auch die folgenden Konzile) von denen abgelehnt, die durch diese Dualität die vom Hl. Kyrill von Alexandria (dortselbst 412-444 Patriarch) und dem Konzil von Ephesos verkündete Einheit in Frage gestellt sahen (die „monophysitischen“ orientalisch-orthodoxen Kirchen).

5. Zweites Konzil von Konstantinopel (Konstantinopel II) 553, einberufen von Kaiser Justinian I.

Es bestätigte Beschlüsse und Lehren vorheriger Konzile und verwarf neue arianische, nestorianische und monophysitische Schriften.

6. Drittes Konzil von Konstantinopel (Konstantinopel III) 680-681, einberufen vom byzantinischen Kaiser Konstantin IV.

Es wies den Monotheletismus (Lehre vom einen Willen Christi) zurück und bekräftigte, dass Christus sowohl über einen menschlichen als auch einen göttlichen Willen verfügt.

(Die Trullanische Synode („Quinisext“ oder „Penthekte“) 691-692, die von Kaiser Justinian II. einberufen wurde, gilt als Fortsetzung von Konstantinopel III und wird daher nicht separat gezählt. Als im wesentlichen administratives, nicht mit doktrinären Fragen befasstes Konzil erhob sie einige lokale Kanones auf die ökumenische Ebene, legte disziplinarische Regeln wie das Mindestalter für die Weihe zum Priester oder Diakon fest und erließ die erste Konzilsregel bezüglich der Ikonen (Kanon 82). Von römisch-katholischer Seite wird die Synode verworfen.)

7. Zweites Konzil von Nicäa (Nicäa II) 787, einberufen von Kaiserin Irene von Athen.

Das Konzil kehrte zur Verehrung von Ikonen zurück und bestätigte, dass sie nicht dem Bild selbst, sondern der dargestellten Person gilt. Es führte eine Unterscheidung zwischen der Anbetung, die nur Gott zukommt, und der Verehrung von Ikonen, Reliquien oder Heiligen ein, mit der Gott gedankt werden soll. Es verdammte die Ikonoklasten als Verleugner der Menschwerdung Gottes.

Sieben oder neun ökumenische Konzile?

Spätere Synoden oder Konzile hatten nicht denselben Stellenwert wie diese sieben ökumenischen Konzile. Lokale Versammlungen von orthodoxen Hierarchen aller Jurisdiktionen zu nur örtlich relevanten Angelegenheiten firmieren als „panorthodox“. Es gibt aber auch Stimmen wie die von zeitgenössischen Theologen (Vater John Romanides (1927-2001) und Vater Georgios Metallinos (*1940)), die von einem „Achten und Neunten Ökumenischen Konzil“ sprechen. Vater George Dragas, Metropolit Hierotheos (Vlachos) von Nafpaktos (*1945) und die 1848er Enzyklika der orthodoxen Patriarchen (von Konstantinopel, Jerusalem, Antiochien und Alexandrien) sehen andere Synoden nach dem Siebten Ökumenischen Konzil als ökumenisch an. Sie alle führen die zahlenmäßige Beschränkung auf den jesuitischen Einfluss in Russland (als ein Faktor der sogenannten „westlichen Gefangenschaft der Orthodoxie“) zurück.

Zu diesen in der orthodoxen Kirche teils als ökumenisch, teils als bedeutende Lokalsynoden eingeordneten Konzilen zählen:

8. das Vierte Konzil von Konstantinopel (Konstantinopel IV) 879-880, das den Hl. Photios I., den Großen, wieder als Patriarch von Konstantinopel einsetzte, über diejenigen das Anathema verhängte, die das Nicäno-Konstantinopolitanum änderten, und die Beschlüsse des „Räuberkonzils“ von 869-870 aufhob. Im Westen hat man dieses Konzil zunächst als ökumenisch anerkannt, später aber zugunsten des Räuberkonzils verworfen, auf dem der Hl. Photios abgesetzt worden war.

9. das Fünfte Konzil von Konstantinopel (Konstantinopel V) 1341-1351, das die hesychastische Theologie nach dem Hl. Gregorios Palamas bestätigte und den Mönch und humanistisch gesinnten Philosophen Barlaam von Kalabrien (der später zum römischen Katholizismus konvertierte) verdammte.

Spätere Konzile

Trotzdem die orthodoxe Lehre sehr auf den ökumenischen Konzilen basiert, wird sie durch die Kirche weiterhin (u.a. auf Lokalkonzilen, durch bischöfliche Schreiben oder Stellungnahmen zum Glauben) definiert. Besondere Bedeutung kommt dabei aktuell zu:

1. dem Enzyklikalschreiben des Hl. Photios (867)

2. dem Ersten Brief von Michael I. Kerularios (Patriarch von Konstantinopel) an Peter III., den Patriarchen von Antiochien (1054)

3. den Entscheidungen der Konzile von Konstantinopel 1341 und 1351 im Hesychasmusstreit

4. dem Enzyklikalschreiben des Hl. Markos Eugenikos, des Metropoliten von Ephesos (1440-1441)

5. dem Glaubensbekenntnis von Gennadios II.Scholarios, Patriarch von Konstantinopel (1455-1456)

6. den Erwiderungen von Jeremias II. (Patriarch von Konstantinopel) an die Lutheraner (1573-1581)

7. dem Glaubensbekenntnis von Metrophanes Kritopoulos, des Patriarchen von Alexandrien (1625)

8. dem Orthodoxen Bekenntnis von Petro Mohyla, des Metropoliten von Kiew, Galizien und dem ganzen Russland (1642; in seiner revidierten, vom Konzil von Iași angenommenen Form)

9. dem Bekenntnis von Dositheos II., des Patriarchen von Jerusalem (1672, angenommen vom Konzil von Jerusalem)

10. den Antworten der orthodoxen Patriarchen an die Eidverweigerer (1718, 1723)

11. der Erwiderung der orthodoxen Patriarchen an Papst Pius IX. (1848)

12. der Erwiderung der Synode von Konstantinopel an Papst Leo XIII. (1895)

13. den Enzyklikalschreiben des Patriarchats von Konstantinopel über die christliche Einheit und die „Ökumenische Bewegung“ (1920, 1952)

Die Texte 5-9 werden manchmal als Symbolische Bücher der orthodoxen Kirche bezeichnet.

Ökumenizität

Eine populäre ekklesiologische Theorie (Rezeptionismus), die zuerst vom slawophilen Theologen, Philosophen und Dichter Alexei S. Chomjakow (1804-1860) entwickelt wurde, bindet die Ökumenizität (die Idee der generellen Relevanz eines bestimmten Konzils für die Kirche und seiner Unfehlbarkeit) an die Akzeptanz durch den gesamten Kirchenorganismus. Danach kann sich ein bestimmtes Konzil selbst für ökumenisch erklären, später seitens der Kirche aber als „Räubersynode“ angesehen werden, die anstelle der Wahrheit vielmehr Häresien verbreitete. Gleichermaßen könne ein Konzil die Wahrheit in rechter Weise lehren, aber keine allgemeine Bedeutung für die Kirche erlangen und daher nur lokalen Charakters sein.

Der Rezeptionismus entwickelte sich primär in Gegensatz zu römisch-katholischen Standpunkten in dieser Frage. Die Kirche von Rom macht die Ökumenizität eines Konzils in erster Linie von der Bestätigung durch den Papst abhängig. Da die Orthodoxie nicht über dieselbe Kirchenstruktur verfügt, versuchten sich Chomjakow und andere an der Formulierung eines alternativen Modells, anhand dessen die Unfehlbarkeit ökumenischer Konzile bestimmt werden könnte. Eine Form des Rezeptionismus (oder zumindest eine Ausdrucksweise, die solchem Gedankengut förderlich ist) kann auch in der Enzyklika der orthodoxen Patriarchen von 1848 gefunden werden, die als Hüter der Wahrheit nicht das Amt des Papstes, sondern das gesamte Volk Gottes sieht.

Theologen wie Vater John S. Romanides argumentieren dagegen, dass die in der orthodoxen Kirche allgemein als ökumenisch erachteten Konzile selbst anscheinend keine Anerkennung durch die Kirche anstrebten, bevor sie realisiert wurden. In ihren Dokumenten erwähnen sie auch niemals eine entsprechende Vorbedingung, sondern erklären vielmehr selbst ihre Ökumenizität. Die Konzilsväter verstanden ihre dogmatischen Beschlüsse als unmittelbar rechtskräftig, und so wurden sie in den meisten Fällen auch umgehend in den Gesetzeskodex des römischen Reichs inkorporiert.

Desweiteren wird der rezeptionistischen Theorie entgegengehalten, auch die Frage nicht beantworten zu können, wann genau von der Annahme oder Ablehnung eines Konzils durch die Kirche gesprochen werden könne, oder wie beispielsweise von der „Zustimmung der gesamten Kirche“ zum Vierten Ökumenischen Konzil die Rede sein könne, wenn sich in ihrer Mitte Christen in bedeutender Größenordnung finden, die es offensichtlich ablehnten und so das bis heute bestehende Schisma auslösten. Bislang hat das Episkopat noch keine allgemein gültige Definition vorgelegt, wie genau ein Konzil Ökumenizität (und Unfehlbarkeit) beanspruchen kann. Nach genereller Auffassung kommt Konzilen dies zu, wenn sie die Wahrheit ebenso lehren, wie sie von den Kirchenvätern tradiert wird.

Quellen

  • OrthodoxWiki: Ecumenical Councils (06. November 2014). Dieses Lemma ist eine teilweise modifizierte und mit Informationen aus Wikipedia ergänzte Übersetzung aus dem englisch- und französischsprachigen Orthodoxwiki.
  • Grigorios Larentzakis: Die Orthodoxe Kirche, ihr Leben und ihr Glaube. Graz, Wien, Köln 2000, S. 138 ff.

Weblinks